Stierkäfer in Schermbeck Seltene Käfer im Lichtenhagen entdeckt

Schermbeck · Auf ihrer Weide im Naturschutzgebiet Lichtenhagen fand Margret Dorr kleine Öffnungen in der Erdoberfläche. Ein Insektenforscher bestätigte, dass die der Eingang in das Tunnelsystem der Stierkäfer sind.

 Christoph und Margret Dorr beweiden im Nebenerwerb seit 2015 Grünflächen des Regionalverbandes Ruhr mit ihren Schafen.

Christoph und Margret Dorr beweiden im Nebenerwerb seit 2015 Grünflächen des Regionalverbandes Ruhr mit ihren Schafen.

Foto: Helmut Scheffler

Der Diplom-Biologe Klaus Kretschmer von der Biologischen Station des Kreises Wesel strahlte, als er die von Christoph und Margret Dorr gepachtete Weide im Naturschutzgebiet Lichtenhagen betrat. Dort wurden erstmals Stierkäfer (wissenschaftlicher Name: Typhaeus typhoeus) entdeckt, die so selten geworden sind, dass sie inzwischen unter Naturschutz gestellt wurden.

Im Lichtenhagen, einem Gebiet, in dem sich zahlreiche ehemalige Tongruben der Dachziegelwerke Nelskamp befinden, wurden die ehemaligen Gruben und die umgebenden Waldbestände im Jahre 1981 einstweilig als Naturschutzgebiet sichergestellt. Am 3. Juli 1986 trat die heute gültige ordnungsbehördliche Verordnung über die Festsetzung des Naturschutzgebietes in Kraft. In der wissenschaftlichen Begleitschrift, die im Jahre 1992 von der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Wesel herausgegeben wurde, fehlen in der umfangreichen Auflistung der Tier- und Pflanzenwelt die Stierkäfer.

„Der RVR kannte bislang keine Stierkäfer in diesem Gebiet“, berichtete kürzlich Heinz Hermann Verholte vom Regionalverband Ruhr (RVR). Seit 1988 befindet sich der weitaus überwiegende Teil des Naturschutzgebietes im Eigentum des Kommunalverbandes Ruhrgebiet (KVR, jetzt RVR). Als öffentlicher Eigentümer von 96 Hektar des 101,5 Hektar großen Naturschutzgebietes am Ostrand des Dämmerwaldes übernahm der KVR zugleich die Verantwortung und Pflicht, die zur Sicherung, Pflege und Entwicklung des Gebietes erforderlichen Maßnahmen durchzuführen. Dazu wurde im Jahre 1991 ein Pflege-und Entwicklungsplan erarbeitet, dessen wesentliche Inhalte später Bestandteil des derzeit gültigen Landschaftsplanes Schermbeck wurden.

Die Beweidung von Grünflächen war eine wichtige Zielsetzung des Pflege- und Entwicklungsplans. Seit 2015 haben Christoph und Margret Dorr vom RVR im Lichtenhagen Grünflächen gepachtet, um unter Berücksichtigung von Sonderauflagen eine Bewirtschaftung mit Schafen zu betreiben.

Derzeit weiden auf den angepachteten Flächen 15 Mutterschafte und zehn Lämmer. Den Kot dieser weiß und grau behaarten Heidschnucken benötigen die zur Familie der Mistkäfer gehörenden Stierkäfer zum Überleben. Die 15 bis 24 Millimeter großen Tiere leben in einem unterirdischen Tunnelsystem, das sie durch kleine Öffnungen an der Erdoberfläche erreichen.

Solche Öffnungen im Boden mit einem Durchmesser von etwa einem Zentimeter waren Margret Dorr aufgefallen. Landwirte wurden vergeblich nach den Ursachen befragt. Im Internet gab es Hinweise auf den Stierkäfer, was dann auch von dem erfahrenen Entomologen (Insektenforscher) Klaus Kretschmer bestätigt wurde, der seit 1992 bei der Biologischen Station des Kreises Wesel beschäftigt ist. Er erläuterte auch ausführlich die Lebensweise der Stierkäfer.

Die schwarz gefärbten Stierkäfer zeichnen sich durch einen gedrungenen Körper aus. An den Beinen erkennt man zahlreiche Dornen. Normalerweise leben sie auf sandigen Böden. Dass sie nun in einem eher feuchten Gebiet nachgewiesen werden, liegt wohl an drei aufeinander folgenden Jahren mit einer großen Trockenheit.

Die Stierkäfer ernähren sich vor allem vom Dung der Kaninchen, der Schafe und der Rehe. Diesen Dung tragen die Käfer nach der Paarung durch einen ein bis zwei Meter langen Gang ins Erdreich. Von diesem Gang zweigen Seitengänge ab, die schließlich zu einer Kammer führen, in welcher der Dung abgelagert wird, der zu kleinen kugelförmigen Gebilden geformt wird. Ihre Eier legen die Stierkäfer-Weibchen neben diese Dungkügelchen. Wenn dann die Larven schlüpfen, können sie sich von dem Dung ernähren. Die Verpuppung der Larven erfolgt etwa nach einem Jahr. Ihren Nachwuchs lernen die Stierkäfer-Eltern nicht mehr kennen, weil mit der Aufgabe, für Nachwuchs gesorgt zu haben, ihr Lebenssinn erfüllt ist.

Der Regionalverband Ruhr ist bereit, weitere Flächen an Schafhalter zu verpachten, wenn dadurch einem Tier der roten Liste bessere Lebensbedingungen geschaffen werden.

(hs)
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