Wesel Letzte Ehre für die alte Kneipe

Wesel · Ehe die Abrissbirne kommt: Franz & Klaus sorgten mit ihrem Abschiedskonzert im Gasthof Hüser für einen rappelvollen Saal – Wehmut mischte sich unter die ausgelassene Stimmung – Vereine bald obdachlos

Ehe die Abrissbirne kommt: Franz & Klaus sorgten mit ihrem Abschiedskonzert im Gasthof Hüser für einen rappelvollen Saal – Wehmut mischte sich unter die ausgelassene Stimmung – Vereine bald obdachlos

Zum letzten Mal bei Hüser zu feiern, das wollten sich viele nicht entgehen lassen. Auf der Straße vor der hell erleuchteten Kneipe im Herzen von Lackhausen brach das Verkehrschaos aus, als am Samstagabend Franz Jöhren und Klaus Dick zum Abschiedskonzert in ihre Stammkneipe riefen. Im Saal herrschte schon brütende Hitze, noch ehe die Jungens aus Lackhausen zu den Gitarren griffen.

Mit neun Instrumenten und dem musikalischen Weggefährten Frank Schut im Gepäck betraten die beiden die Bühne, auf der sie vor mehr als 21 Jahren ihre ersten Konzerte gegeben und sich seitdem einen Namen gemacht hatten. Obwohl mittlerweile eine Institution in ganz Wesel und auch überregional bekannt, ließen es sich die beiden Country- und Folkmusiker nicht nehmen, die letzten Töne im Gasthof der Familie Hüser erklingen zu lassen, ehe die Abrissbirne kommt.

Skat und Knobelbecher

„Wie gewohnt volles Haus“, freute sich Jöhren über die Menschenmassen. Teenager und Rentner begossen gleichermaßen das Ende einer Lackhausener Ära. Als Marktplatz von Lackhausen tituliert, war die Familienkneipe Treffpunkt für Jedermann. „Im Sommer saß man draußen im Biergarten, im Winter eben drinnen mit Skat oder Knobelbecher“, erinnerte sich ein Stammgast wehmütig. „Bald ist das alles vorbei. Die gute alte Kneipe stirbt aus!“ „Eine Schande, dass das abgerissen wird“, fand auch Karin Kleinherbers, die mit ihrer gesamten Familie ein paar letzte Biere auf die Gaststätte trank, in der von der Taufe bis zur Beerdigung alle Familienfeste einen passenden Rahmen fanden. Freunde der Familie und der Country-Musik reisten an, Stammtische, Fußballmannschaften, Kart- und Knobelrunden erwiesen ihrer Stammkneipe die letzte Ehre, bevor ihnen die vereinte Obdachlosigkeit droht. So ergeht’s auch dem PSV, der noch ein halbes Jahr auf die neue Klub-Gaststätte warten muss. Manfred und Rita Hüser verbrachten den Abend krank im Bett, während zu ihren Ehren Bier und Sekt in Strömen flossen und die Band den Saal zum Kochen brachte. Es war schließlich egal, ob die Pfannen vom Dach flogen.

(RP)
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