Kreis Wesel Lehrermangel am Berufskolleg

Kreis Wesel · Das Berufskolleg Wesel, die größte Schule im Kreis, sucht verzweifelt Mathe-, Technik- und Sprachlehrer. Schon jetzt sind zehn Prozent der Stellen nicht besetzt. Lichtblick: Ex-Schüler (31) bereichert als Studienrat das Kollegium.

Günther Kohls ist um seinen Job wirklich nicht zu beneiden. Der Leiter des Weseler Berufskollegs, mit rund 3500 Schülern die größte Schule im Kreis, sucht händeringend nach Fachlehrern für den mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich, für Sprachen und Technik. Zehn Prozent der Stellen sind unbesetzt. Doch frischgebackene Pädagogen, die sich auf die Stellenangebote der Schule im Netz bewerben, gibt es so gut wie keine. Gründe dafür gibt's gleich mehrere. "Zum einen sind die Studiengänge beispielsweise im Maschinenbau so schwer, dass die Durchfallquote bei 80 Prozent liegt", weiß Kohls.

"Keiner will in die Provinz"

Zum anderen locken Konzerne angehende Ingenieure mit attraktiven Jobangeboten, ist der Wunsch, Berufsschullehrer zu werden, bei kaum einem Abiturienten vorhanden. Und dann ist da noch der Standortnachteil, unter dem das Kolleg leidet. "Denn kaum ein junger Mensch will nach dem Studium in attraktiven Großstädten wie Köln, Düsseldorf oder Münster zurück in die Provinz", weiß Kohls. Nur durch interne Umstrukturierungen, geschickte Stundenplanung und die Bereitschaft der Lehrer, in Mangelfächern Überstunden zu leisten, läuft der Schulbetrieb ohne nennenswerte Ausfälle.

"Unser größtes Problem ist, dass wir die Leute für unsere Schule interessieren müssen. Denn wenn sie uns erstmal kennengelernt haben, sind sie begeistert und bleiben", sagt Kohls selbstbewusst. Eine Einschätzung, die Bayram Adigüzel nur bestätigen kann. Der 31-jährige Weseler verstärkt seit Anfang des Jahres das 145-köpfige Kollegium. "Für uns ist er ein Glücksfall", lobt Kohls den Studienrat, der als Dreijähriger mit seinen türkischen Eltern aus Franken nach Wesel kam. Von 1994 bis 1997 besuchte er als Elektroinstallateur-Azubi die Kollegschule. "Damals habe ich gemerkt, dass ich lieber Lehrer werden würde", sagt Adigüzel. Seine damaligen Lehrern und heutigen Kollegen Eugen Körner und Georg Turra ("Echte Respektpersonen") rieten ihm nach der Lehre zum Besuch des Kollegs in Oberhausen, wo er sein Abitur machte. Danach studierte Adigüzel in Essen Sozialwissenschaften, Politik und Wirtschaft auf Lehramt. Als er nach seinem Referendariat die Ausschreibung seiner "alten Schule" fand, bewarb er sich – und bekam die Stelle. "Ich habe auch während des Studiums in Wesel gewohnt – meine Heimat. Hier im Berufskolleg kann ich vor allem auch Migranten zeigen, was man mit festem Willen erreichen kann."

(RP)
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