Himmel & Erde Kraftorte des Glaubens

Wesel · Am Sonntag feiert Santiago de Compostela das Fest des heiligen Jakobus – wie jedes Jahr am 25. Juli. Der Ort, im Nordosten Spaniens gelegen, unweit der Atlantikküste ist seit der legendenhaften Entdeckung des Grabes des Apostels Jakobus zu einem der wichtigsten Pilgerorte Europas geworden. Heute finden sich Pilgerwege nach Santiago de Compostela in ganz Europa.

 Stefan Sühling, Pfarrer an St. Nikolaus Wesel

Stefan Sühling, Pfarrer an St. Nikolaus Wesel

Foto: Klaus Nikolei

Auch mitten durch Wesel, direkt am Rathaus vorbei, führt ein solcher Pilgerweg, ausgewiesen durch kleine Schilder mit einer stilisierten gelben Strahlenmuschel auf blauem Grund.

Ist der Pilgerweg heute in Etappen und mit anderen Verkehrsmitteln einfach eine sportliche Herausforderung, war er für die Pilger des Mittelalters eine echte Herausforderung. Vor einer Pilgerfahrt ordnete man seine Angelegenheiten und machte sein Testament, nahm Abschied von Familie und Freunden, versöhnte sich mit seinen Feinden. So gerüstet ging es auf den Weg zum Ziel, in der Hoffnung heil und gesund anzukommen und nach Hause zurückzukehren.

Im Hochmittelalter – etwa im 14. Jahrhundert machten sich viele auf den Pilgerweg. Nach Jerusalem und den anderen heiligen Städten im Heiligen Land natürlich zunächst. Nachdem die Pilgerfahrten dorthin einfach zu gefährlich wurden, blieb man in Europa. Dort war Rom mit den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus natürlich der erste Pilgerort – dicht gefolgt vom Santiago de Compostela, das eben auch einen Apostel aufweisen konnte.

Warum machten sich so viele Menschen auf eine solch beschwerliche Pilgerreise? Warum nahmen sie die Beschwernisse von Wind und Wetter, Raubüberfällen, und anderen Unbilden auf sich? Den Zeugnissen aus der Zeit kann man entnehmen, dass den Pilgern wichtig war, zu Orten zu kommen, die mit der Welt des Göttlichen in Kontakt bringen, mit Kraftorten des Glaubens. So ist es bis heute für Santiago-Pilger guter Brauch, in der Kathedrale geduldig anzustehen, um die Statue des Heiligen Jakobus zu berühren oder zu umarmen – im leibhaftigen Sinn mit dem Kraftort des Glaubens Kontakt zu haben.

Am Feiertag des Heiligen Jakobus frage ich mich, was die Kraftorte meines Lebens sind – Wallfahrtsorte, die ich ab und an einmal besuche, um dort zu beten oder einfach die Stille in mich aufzunehmen. Gibt es im Urlaub solche Orte, Berge, Wanderstrecken, ein stiller Platz am See, …? Oder sind es Menschen, die durch ihre Anwesenheit und ein Gespräch stärken und anregen können?

(Stefan Sühling)
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