Kreis Wesel Kreis will ins Haushaltskorsett

Kreis Wesel · Um Ärger mit Kommunen wegen der steigenden Umlage zu entkommen, ergreift Verwaltung die Flucht nach vorn und will sich selbst Etat-Fesseln anlegen. – Landrat wegen des persönlichen Referenten schwer unter Beschuss.

"Gehe in das Gefängnis. Begib dich direkt dorthin. Gehe nicht über Los . . ." Für diese aus dem Monopoly-Spiel bekannte Aufforderung brauchte Kreiskämmerer Peter Giesen gestern keine Karte zu ziehen. Er suchte sich sozusagen selbst diesen Weg aus, indem er dem Kreistag freiwillige Haushaltssicherung vorschlug. Hintergrund: Vermögen des Kreises Wesel soll nicht angegriffen und somit ein Ertrag daraus für kommende schwere Jahre gesichert bleiben. Außerdem soll damit ein Signal an die stöhnenden Kollegen aus den kommunalen Rathäusern gesetzt werden: "Seht her, wir arbeiten unter den gleichen Bedingungen wie ihr."

"Systematische Konsolidierung"

Angesichts der heftigen Reaktionen aus der vergangenen Woche kommt das einer Flucht nach vorn gleich. Bekanntlich fehlen zum Ausgleich des Etats, der im gestern vorgelegten Entwurf ein Volumen von 441 Millionen Euro hat, 20,8 Millionen. Die sollen über die allgemeine Kreisumlage hereinkommen, also von den 13 Städten und Gemeinden zusätzlich gezahlt werden. Kämmerer Giesen sagte, Kreis und Kommunen sollten bereits vor dem Aufzehren der Ausgleichsrücklagen die Reißleine ziehen: Nachhaltige Finanzpolitik sehe anders aus, als abzuwarten, bis die Reserven weg sind und ein Sicherungskonzept gesetzlich vorgeschrieben ist. Er warb für "einen Neustart einer systematischen Haushaltskonsolidierung".

Ähnlich hatte auch Landrat Dr. Ansgar Müller die Lage beschrieben und seine Etatrede zudem genutzt, um die Einstellung seines persönlichen Referenten Daniel Kunstleben zu rechtfertigen: als "notwendig und angemessen", "stellenplanneutral" und Unterstützung, "dass die Politik noch zeitnaher und strukturierter informiert wird".

Landrat schweigt in Diskussion

Diese Einlassung schien ihm offenbar ausreichend zu sein. An der später zum Thema Referent leidenschaftlich geführten Diskussion beteiligte er sich nicht. Die CDU um Dr. Hans-Georg Schmitz ("Das ist ein Wahlkampfmanager"), die FDP um Heinz Dams ("Misstraut Müller seinem Umfeld?") und die Linken um Dirk Hoymann ("Sprachlos") kritisierten die Personalie scharf. Im Kern ging es um den Vorwurf der Eigenmächtigkeit, dass 67 300 Euro im Jahr zusätzlich ausgegeben werden und dies gerade wegen der angespannten Finanzlage das vollkommen falsche Signal gegenüber den Kommunen sei.

Müller ließ andere reden. Zum Beispiel Verwaltungsmann Hans-Werner Schröder, der seinem Chef rechtlich korrektes Handeln attestierte. Außerdem sprangen Paladine der so genannten Kooperation in die Bresche: Eilfertig verteidigte die SPD um Hellmut Fischer den Schritt des Genossen. Sichtbar mehr verbiegen mussten sich Grüne wie Christel Winterberg und Martin Kuster von den Vereinigten Wählergemeinschaften. Christian Hötting (CDU) nannte die Einstellung Kunstlebens "grotesk".

(RP)
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