Ausbildungsinitiative Kreis Wesel Präsentiert von Altana (Folge 2) Weniger Bewerber, mehr freie Lehrstellen  

Kreis Wesel · Wer im Sommer eine Ausbildung beginnen möchte, hat beste Chancen. Denn zahlreiche Arbeitgeber in der Region sind auf der Suche nach geeigneten Bewerbern. Selbst in den beliebtesten Ausbildungsberufen gibt es noch freie Plätze.

 Berufsberaterin Barbara Sieg und Bereichsleiter Markus Brandenbusch sind überzeugt, dass es für jeden Bewerber eine passende Stelle gibt.

Berufsberaterin Barbara Sieg und Bereichsleiter Markus Brandenbusch sind überzeugt, dass es für jeden Bewerber eine passende Stelle gibt.

Foto: Klaus Nikolei

Es ist erst wenige Jahr her, da mussten sich junge Leute (mit entsprechend guten Noten natürlich) gut eineinhalb Jahre vor Ende ihrer Schulzeit bewerben, um einen der begehrten Ausbildungsplätze bei den Banken und Sparkassen in der Region zu ergattern. Wie schnell sich die Zeiten doch ändern. Mittlerweile müssen sich die Kreditinstitute bemühen, genügend geeignete Bewerber für sich zu interessieren, um dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Wer also in den nächsten Wochen eine allgemeinbildende Schule verlässt und womöglich eine Lehre zur Bankkauffrau beziehungsweise zum Bankkaufmann absolvieren möchte, der darf sich durchaus noch Hoffnungen machen, dass er zumindest zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird – entsprechende Noten natürlich vorausgesetzt.

„Aber auch für alle, die nicht unbedingt einen Top-Notendurchschnitt und womöglich in einigen Fächern Schwächen haben, gleichzeitig aber motiviert und an einer dualen Ausbildung interessiert sind, für die gibt es beste Chancen auf eine Lehrstelle“, sagt Markus Brandenbusch, Bereichsleiter bei der Arbeitsagentur in Wesel. Und das nicht zuletzt auch in den Bereichen, die seit Jahren bei Jugendlichen ganz besonders hoch im Kurs stehen. Unter den Top-Ten der beliebtesten Ausbildungsberufe liegen die Bürokaufleute ganz oben, gefolgt von den Kfz-Mechatronikern, den Einzelhandelskaufleuten und den Medizinischen Fachangestellten. Auf Platz fünf finden sich die Verkäufer, dahinter die Chemikanten vor den Industriekaufleuten, den Fachinformatikern, den Automobilkaufleuten und den Tischlern auf Rang zehn.

Seit Oktober 2021 sind der Arbeitsagentur im Kreis Wesel genau 2424 offene Lehrstellen gemeldet – 86 (plus 3,7 Prozent) mehr als noch vor einem Jahr. Dem gegenüber stehen 1922 Bewerber – 159 (minus 7,6 Prozent) weniger als vor zwölf Monaten –, die nach einer passenden Stelle suchen. Aktuell gibt es noch 1519 offene Ausbildungsstellen und 1008 suchende Jugendliche. Auf den ersten Blick könnte man also meinen, dass bis zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres am 1. August beziehungsweise am 1. September jeder Bewerber problemlos eine Lehrstelle bekommen müsste. Doch Markus Brandenbusch weiß, dass diese Rechnung nicht aufgeht, nicht aufgehen kann. Denn: „Der Ausbildungsmarkt ist keine Mathematik“, sagt er. Das weiß auch seine Kollegin Barbara Sieg. „Das Problem ist, dass die freie Stelle in Emmerich ist und der Bewerber in Moers wohnt“, sagt die Berufsberaterin, die in erster Linie Ansprechpartnerin für die Schüler des Weseler Konrad-Duden-Gymnasiums und der gymnasialen Oberstufe des Berufskollegs in Wesel-Feldmark ist. „Das ist alles nicht so einfach. Gerade jetzt, wo die Benzinpreise so hoch sind und sich längst nicht jeder ein Auto und den Sprit leisten kann, um zu seiner Lehrstelle auf dem Land zu kommen.“

Sieg und Brandenbusch sind insgesamt guter Hoffnung, dass in absehbarer Zeit die Zahl der Bewerber wieder ansteigt. Beispielsweise, weil die jungen Leute endlich wieder Praktika machen und dabei nicht selten die Liebe zu dem einen oder anderen Beruf entdecken. „Wegen des Lockdowns und des Homeschoolings waren solche Praktika in den vergangenen beiden Jahren praktisch nicht möglich“, sagt Markus Brandenbusch. „Das hat“, fügt Barbara Sieg hinzu, „den jungen Leuten gefehlt. Zumal viele Jugendliche Angst haben, sich zu entscheiden und dann lieber weiter zur Schule gehen oder studieren, obwohl für so machen eine Ausbildung gewiss besser wäre.“ Leider sei noch längst nicht bei allen angekommen, dass eine Duale Ausbildung ein Studium nicht ausschließe, man sogar schon während der Lehre Geld verdiene und hinterher immer noch studieren könne.

Weil viele junge Leute oft noch sehr unsicher sind, was sie später einmal beruflich machen wollen, gibt die Arbeitsagentur zahlreiche Hilfestellungen. Nicht nur, dass die Berufsberater einmal pro Woche in jeder weiterführenden Schule als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Sie können mit Hilfe spezieller Tests die Stärken und Schwächen der Schüler ermitteln und vermitteln auch Kontakt zu Firmen, die Praktika und natürlich auch Ausbildungsplätze anbieten. Als Ansprechpartner stehen die Berater auch den Erziehungsberechtigten an Elternsprechtagen nur zu gerne zur Verfügung.

„Wir geben Hilfestellung von Anfang an: Von der Beratung über die Vermittlungsunterstützung bis in die Ausbildung hinein, falls es Probleme geben sollte“, sagt Markus Brandenbusch. Es gebe praktisch für alle Probleme eine Lösung. „Zumal Arbeitgeber immer öfter bereit sind, nicht so sehr auf die Noten zu schauen und alle nur denkbaren Hilfestellungen zu geben – Hauptsache ist, dass die Motivation und das Interesse vorhanden sind. Ansonsten wird es natürlich schwierig.“

Eine genaue Prognose, wie viele junge Leute denn am Ende des Jahres unversorgt sein werden, wollen Barbara Sieg und Markus Brandenbusch nicht abgeben. Man könne nur schätzen, sagen sie. In den Jahren zuvor seien es im Kreis Wesel immer zwischen 150 und 180 gewesen. „Man muss da jeden Fall einzeln sehen. Manchmal bricht jemand nach wenigen Tagen seine Ausbildung ab“, sagt Barbara Sieg. „Manchmal“, sagt Markus Brandenbusch, „gibt es auch private Probleme. Aber ganz egal, was es ist: Wir lassen niemanden fallen, wir helfen und unterstützen. Aber Voraussetzung ist einfach, dass der Wunsch und die Bereitschaft da sind, sich auch helfen zu lassen.“

Jugendliche, die aktuell noch keine Ausbildungsstelle gefunden haben oder Eltern, die ihren Kindern bei der Suche nach einer Lehrstelle helfen möchten, können mit der Arbeitsagentur Kontakt aufnehmen. Und zwar unter der Rufnummer 0800 45555500 oder unter www.arbeitsagentur.de/kontakt.

Azubi-Tipp

 Lena Odri ist Auszubildende bei der Weseler Byk-Chemie.

Lena Odri ist Auszubildende bei der Weseler Byk-Chemie.

Foto: Byk

Lena Odri (21 Jahre) aus Wesel, Auszubildende Industriekauffrau: „Der erste Eindruck Deiner Bewerbung sollte die Aufmerksamkeit Deines potenziellen Arbeitgebers wecken! Nicht nur die richtige Vorlage, sondern auch Grammatik und Rechtschreibung sind enorm wichtige Aspekte einer guten Bewerbung. Deine Bewerbung ist die erste Arbeitsprobe, die Du in einem Unternehmen abgibst. Fehler machen daher einen schlechten Eindruck und stehen einer Einstellung möglicherweise im Weg. Deswegen rate ich Dir, dass Du Deine Bewerbung von Freunden und Familie Korrektur lesen lässt, da das lange und intensive Beschäftigen mit der Bewerbung schnell blind für Fehler macht.“

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