Kreis Wesel Kreis kritisiert Familienatlas

Kreis Wesel · Zwei Wochen nach Erscheinen der Prognos-Studie, in der die Region sehr schlecht wegkam, kommt das Jugendamt des Kreises Wesel zu einer etwas anderen Sicht: Zahlen seien nicht überprüfbar und viele Indikatoren von den Kommunen gar nicht zu beeinflussen.

Niederschmetternd waren die Ergebnisse, die das Institut Prognos für den Kreis Wesel im Familienatlas 2007 ermittelt hat (RP berichtete). Platz 435 von 439 in der Sparte „Bildung und Ausbildung“. Unmittelbar nach Erscheinen der im Bundesauftrag erstellten Untersuchung waren die Reaktionen noch verhalten. Jetzt sind zwei Wochen ins Land gegangen. Experten wie Christa Röhricht, Leiterin des Fachbereichs Jugend beim Kreis Wesel, haben den Familienatlas unter die Lupe genommen. „Das Ergebnis ist schlecht, aber wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben“, sagt Röhricht schon eher scherzhaft, denn an der Prognos-Methodik meldet sie nun Zweifel an.

Röhricht kritisiert zunächst, dass die Daten für den Familienatlas nicht unmittelbar bei den Kreisen beziehungsweise Kommunen erhoben worden sind: „Das heißt nicht, dass sie nicht stimmen. Aber ich kann das nicht überprüfen.“ Im Detail moniert sie, dass eine ganze Reihe von Indikatoren bewertet worden seien, die eine Kommune gar nicht beeinflussen könne.

Beispiel: Schüler-Relation, durchschnittliche Klassenstärken in Primarstufe sowie Sekundarstufe I und wöchentliche Unterrichtsstunden je Schüler seien schon vier von fünf Faktoren der Sparte Bildung und Ausbildung. Die Verantwortung liege aber beim Land, das zum Beispiel die Lehrer zuweise. Hinwegen seien jene Rahmenbedingungen, für die Kommunen zuständig seien, überhaupt nicht in der Studie erfasst worden: Etwa die Ausstattung von Schulen. Auch beim fünften Kriterium, Ausbildungsplatzdichte, ist Röhricht skeptisch. Vielerorts seien Aktionen gelaufen, die Lehrstellensuche von Bürgermeistern zur Chefsache erklärt worden.

Baulandpreise und Kinoleinwände

„Viele familienfreundliche Maßnahmen sind nicht erfasst worden“, sagt Röhricht. „Ich wäre da vorsichtig. man müsste für ein Urteil mehr ins Detail gehen.“ Baulandpreise etwa richteten sich doch nach der Lage am Markt. Zudem gebe es etliche Beispiele dafür, dass Familien bevorzugt an ein kommunales Grundstück kommen. Nach Rang 337 bei „Wohnsituation und Wohnumfeld“ hatte es im Familienatlas immerhin Platz 203 bei „Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche“ gegeben. Da gingen dann aber auch Daten wie die Zahl der Kinoleinwände je 100 000 Einwohner in die Bewertung ein. „Klar, das haben eher die großen Städte“, sagt Röhricht und vermisst im Gegenzug andere kulturelle Angebote. Etwa die Museen. „Über die Auswahl der Indikatoren kann man also streiten“, sagt die Frau vom Kreis und macht stolz auf tolle Werte aufmerksam. Bundesweit Platz 66 bei den Büchereiausleihen, also der Nutzung von Bibliotheken. Außerdem Platz 146 in der „Demografie“ (Zuzug beziehungsweise Wanderung, Fertilitätsrate etc.) „Wenn also noch neue Familien zu uns ziehen, kann es so schlimm nicht sein“, sagt Röhricht.

(RP)
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