Beirat wartet auf mehr Daten Seeadler bremst Windrad-Planung

Kreis Wesel · Der geplante Windradbau bei Büderich ist vertagt. Der Naturschutzbeirat des Kreises Wesel wartet auf mehr Daten über die seltenen Vögel. Diese muss die Verwaltung nun beschaffen.

Foto: Hans Glader

Foto: Hans Glader

Foto: Hans Glader

Das Projekt zum Bau eines 200 Meter hohen neuen Windrades zwischen Büderich und Ginderich stockt. Der Naturschutzbeirat des Kreises Wesel hat das Thema am Montagnachmittag nach intensiver Beratung vertagt. Hintergrund ist eine unklare Faktenlage. Zunächst soll die Verwaltung mehr Daten darüber beschaffen, ob und wie sich die geplante Windenergieanlage auf Seeadler und Schwarzmilan auswirken. Elf Mitglieder des Gremiums stimmten für dieses Vorgehen, eins war dagegen und eins enthielt sich. Vertreter des Gladbecker Unternehmen SL Naturenergie kritisierten, dass damit ihr im Januar gestellter Antrag noch immer nicht beschieden sei.

Im Detail, das machte die Diskussion im Weseler Kreishaus deutlich, stecken alle Beteiligten in einem Dilemma. Es kommt einem rechtlichen Paradoxon gleich: Kann man in dem Wissen, dass Seeadler und Schwarzmilan den Betrieb temporär oder sogar ganz stoppen könnten, eine naturschutzrechtliche Befreiung zum Bau der Anlage absegnen? Die Krux: Als das Gebiet, in dem sich bereits Rotoren drehen, als Konzentrationszone für Windräder ausgewiesen wurde, war noch kein Seeadler da. Seit einigen Jahren ist das aber anders. Und es hat schon dreimal zwei Jungvögel geben. Die so erfolgreiche Rückkehr der Seeadler wiederum ist für Deutschland toll und für Nordrhein-Westfalen sogar einmalig, weshalb die Naturschützer im Beirat erhebliche Bauchschmerzen haben. Sie wollen fundiert wissen, ob die große Windmühle eine tödliche Gefahr für die seltenen Tiere ist.

Stutzen lässt in diesem Zusammenhang, dass es Erkenntnisse über das Flugverhalten der Seeadler, die auf der nahen Bislicher Insel eine Heimat gefunden haben, geben müsste. Jedenfalls soll das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv) laut Sebastian Gampe (SL Naturenergie) Daten erhoben, aber noch nicht bekanntgegeben haben. Es habe die Jungvögel besendert, die offenbar auf der Suche nach einem eigenen Revier einen deutlich größeren Aktionsradius haben als erwachsene Artgenossen. Auch Wilhelm Itjeshorst (Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt) sagte, er wisse dass es Daten gebe, kenne sie aber nicht. Peter Malzbender (Naturschutzbund) sagte, die Seeadler seien auch auf der rechten Rheinseite bei Bislich gesichtet worden, Nabu-Mitstreiter Matthias Bussen nannte gar die Dingdener Heide.

Stehen Windräder in einem Konflikt mit dem Artenschutz, so muss das nicht zwingend auch ihr Aus bedeuten. Bekanntlich gibt es Möglichkeiten, den Betrieb zu bestimmten Zeiten zu unterbinden. Dem „Bau einer passiven Windenergieanlage“ mochte Itjeshorst am Montag aber noch nicht zustimmen. Die Raumnutzungsanlyse in Bezug auf Seeadler und Schwarzmilan steht aus.

Nabu-Mann Matthias Bussen brachte übrigens noch einen Uhu ins Spiel, der in jüngster Zeit in dem Gebiet festgestellt worden sei. Laut Referent Sebastian Gampe flögen diese Jäger allerdings in einem Raum bis 50 Meter Höhe. Die Bodenfreiheit der Rotorblätter liege hingegen bei 61 Meter. Zum Weißstorch berichtete Bussens Kollege Peter Malzbender, dass ein solcher im Raum Büderich sehr wohl von einem Windrad geschreddert worden sei. Er selbst habe das verletzte Tier damals bei Schäfer Achim Koop abgeholt. Es habe eingeschläfert werden müssen. Außerdem stellte er die Frage, wie sich der Klimawandel langfristig auf die Gänse auswirkt, wenn sie irgendwann weiter ins Hinterland ausweichen müssten.

Im Ringen um eine Lösung wurde im Beirat durchaus deutlich, dass die Klimaziele der Bundesregierung und die Energiewende eine wichtige Rolle spielen. Davon unter Druck setzen lassen wollten sich die Mitglieder aber gerade wegen des Seeadlers jetzt nicht. Die Gegenstimme zum Vertagungsbeschluss stammte von Wilfried Benninghoff (Waldbauernverband). Er meinte unter anderem, der Seeadler habe sich ja erst nach dem Bau der ersten Windräder angesiedelt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort