Wesel Eine Frage der Transparenz

Der Streit um die Stadtwerke-Nachfolge in Wesel zeigt: Den Akteuren fehlte es mindestens am Timing. Jetzt muss ein Flurschaden vermieden werden.

Politik ist immer wieder auch die Kunst der kleinen Nadelstiche. Den besten Beweis hat in dieser Woche die Fraktion WfW („Wir für Wesel“) angetreten, bei der man manchmal aufpassen muss, dass man die abtrünnigen Christdemokraten nicht irrtümlich „WgdCDU“ („Wir gegen die CDU“) nennt. Es ging um den geplanten Posten für den jetzigen Innogy-Regionalleiter Rainer Hegmann aus Wesel. Die Spatzen pfeifen in Wesel seit Langem von jedem Hausdach, dass die Fraktionschefs von CDU und SPD Hegmann als Nachfolger von Stadtwerkechef Franz Michelbrink auserwählt haben. Sprach man die Politik allerdings in den vergangenen Wochen auf diese Personalie an, dann wurde stets darauf verwiesen, dass ja noch nicht einmal eine Ausschreibung erfolgt sei. Nun machte in dieser Woche die WfW den Namen Hegmann via Pressemitteilung publik, noch bevor die Ausschreibungsphase am 3. Februar endete. Solch eine Aktion hat natürlich immer das Ziel, einen Kandidaten zu beschädigen, seine Ernennung zu verhindern. Das wird Thomas Moll und der WfW wohl nicht glücken. Nach Lage der Dinge wird Hegmann seine Bewerbung einreichen. Und nach Lage der Dinge ist er ein in Wesel allseits geschätzter Experte auf dem Feld der Energiewirtschaft, obendrein ein ausgezeichneter Netzwerker. Es stellt sich aber die Frage: Hat er es mit dem Netzwerken übertrieben?

In einem Punkt nämlich trifft die WfW mit ihrer Kritik voll ins Schwarze. Es stellt sich mindestens die Frage, wie glücklich diese Nominierung gelaufen ist, wie viel Geschmäckle sie hat. Man muss dafür die Hintergründe benennen. Rainer Hegmann ist derzeit Regionalleiter bei Innogy, einem Konzern, der in der Auflösung begriffen ist. Mit dem CDU-Fraktionschef Jürgen Linz hat er im vergangenen Jahr hinter den Kulissen einen Deal durchgespielt, mit dem die Stadt Wesel und sein Arbeitgeber Innogy eine gemeinsame Stromnetztochter gründen könnten. Viele Millionen wird Wesel dafür investieren müssen, perspektivisch aber wohl hohe Einnahmen generieren können. In diesen Gesprächen, so Linz, habe sich Hegmann als so großer Experte erwiesen, dass Linz die Idee kam, Hegmann den Stadtwerkeposten vorzuschlagen. Die Stromnetztochter soll zwar nicht bei Hegmanns künftigem Unternehmen, den Stadtwerken, angesiedelt werden. Dennoch bereitet da jemand in seiner jetzigen Funktion Geschäfte für die Stadt Wesel, indirekt seinen baldigen Arbeitgeber, mit vor. Man möchte den Protagonisten Linz und Hegmann zugute halten, dass sie wohl tatsächlich das Beste für Wesel erreichen wollten. Sie müssen sich aber mindestens den Vorwurf gefallen lassen, hier den Anschein von Intransparenz erzeugt zu haben. Einen Flurschaden gilt es zu beheben.

Nicht immer braucht es Nadelstiche, manchmal gibt es auch ganz transparente Amtshilfe von Bürgermeister zu Bürgermeister. Und so etwas wird dann auch gerne kommuniziert, manchmal sogar vom Bürgermeister persönlich. Es geht um ein Jugendfußballturnier des SV Schermbeck unter Schirmherrschaft des Ex-Schalkers Olaf Thon mit Beteiligung einer Schalker Jugendmannschaft. Eigentlich sollte dieses am heutigen Samstag in Schermbeck stattfinden, wegen einer Terminkollision aber bat Schermbeck in Hamminkeln um Amtshilfe. Da half Bürgermeister Romanski, wie sein Schermbecker Kollege Mike Rexforth übrigens Fan des FC Schalke 04, gerne aus. Das Turnier kann nach Dingden in die Halle „Am Mumbecker Bach“ verlegt werden. Die Mitteilung dazu versendete Romanski höchstselbst. Es ging ja um eine wichtige Sache: Fußball. Und natürlich auch ein wenig um die Botschaft, dass Schalker zusammenhalten.

So endet die politische Woche und ein sportliches Wochenende beginnt: Wünschen wir allen kleinen Kickern der F-Jugend von Herzen, dass sie erfolgreicher sind als Schalke 04 in der Hinrunde.

Ihre Meinung? Schreiben Sie mir an die Adresse: sebastian.peters@rheinische-post.de

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