Kolumne Himmel & Erde Fantasie auch beim Klimaschutz

Wesel · Nehmen wir den Klimawandel und die Abmilderung von dessen Folgen genauso in unseren Alltag auf wie das Thema Corona? Gehen wir mit der Zeitlupenkatastrophe Klima genauso um wie mit der Virus-Katastrophe? Das wäre wünschenswert.

 Der Weseler Pfarrer Stefan Sühling schreibt alle zwei Wochen eine Kolumne für unsere Zeitung.

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Foto: Fritz Schubert

Rückblick: Um Ostern noch war das alles so unwirklich – die Natur zeigte mit dem schönsten Frühlingskleid, dass das Leben unbesiegbar ist. Selbst aus dem scheinbar abgestorbenen Ast wird ein quicklebendiger grüner Zweig. Und dieses Leben, was im Frühling mit aller Kraft aufbrach, das ich dabei auch in mir spürte, soll bedroht sein durch ein winziges Virus? Und dieser Spuk dauert noch Monate, ja vielleicht Jahre an?

Heute denke ich: Wie schnell wir mit dem Virus zu leben gelernt haben. Die Abstandsregeln sind verinnerlicht. In Geschäften, mancherorts auch auf der Straße, ist die Mund-Nasen-Maske normales Outfit geworden. Erste Modelabel produzieren Masken für den schicken Auftritt. Wir machen uns „locker“ nach den sieben Wochen Kontaktbeschränkung – ohne die Vorsichtsregeln zu übersehen. Mir scheint: Wir haben das Virus akzeptiert – es gehört zu unserer Lebenswelt und wir passen unseren Alltag, unser Tun und Lassen daran an.

Rückblick, Teil zwei: So trocken war es in meiner Erinnerung noch nie im April. Die Natur, gerade geknospt und aufgeblüht, dorrte vor sich hin. Staubwolken wirbelten die Autos beim „Drive-in-Gottesdienst“ am 26. April auf. Und manches Saatgut konnte kaum keimen, weil Wasser fehlte. In den Nachrichten drängte sich die Dürre sogar an den alles bestimmenden Corona-News vorbei. Das dritte Jahr in Folge Trockenheit und Wärme. Die Erkenntnis bricht durch: Das ist der Klimawandel. Vielleicht sogar die größere Katastrophe als die Pandemie!

Bei diesem zweiten Rückblick drängt sich mir die Frage auf, ob wir den Klimawandel und die Abmilderung von dessen Folgen genauso in unseren Alltag aufnehmen. Passen wir unser Handeln, unser Tun und Lassen an? Verändern wir unseren Konsum, unsere Mobilität, um den Klimawandel nicht noch mehr zu beschleunigen? Kurz: Gehen wir mit der Zeitlupenkatastrophe genauso um wie mit der Virus-Katastrophe?

In der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten beten die Christen um den Geist Gottes, der sie beflügelt und Schwung gibt. Wäre das schön, beflügelte der Geist Gottes uns nicht nur, mit dem Virus zu leben, gäbe er uns auch den nötigen Schwung, mit Fantasie und Freude unseren Alltag und unser Leben „klimagerechter“ zu machen.

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