Wesel Kirche und Sparkasse im Dorf lassen

Wesel · Michael Breuer, Präsident des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes, analysierte beim Neujahrsempfang der Weseler CDU die europäische Geldpolitik und hielt ein Plädoyer für die kommunale Selbstverwaltung.

 Beisitzer Reinhold Brands, Parteivorsitzender Sebastian Hense, Gastredner Michael Breuer und Fraktionsvorsitzender Jürgen Linz (von links) verstanden sich gut.

Beisitzer Reinhold Brands, Parteivorsitzender Sebastian Hense, Gastredner Michael Breuer und Fraktionsvorsitzender Jürgen Linz (von links) verstanden sich gut.

Foto: Ekkehart Malz

Wenn Pünktlichkeit die Höflichkeit der Könige ist, dann gebührt Michael Breuer so ein Titel. Dass der Präsident des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes Punkt 19 Uhr am Mittwochabend im Rathaus war, verdient Erwähnung, weil dies für prominente Redner bei Neujahrsempfängen, ganz gleich welcher Couleur, die Ausnahme ist. So konnte der Gast der Begrüßungsansprache des Weseler CDU-Parteichefs Sebastian Hense und der Rede des Fraktionsvorsitzenden Jürgen Linz gleich entnehmen, wer von den knapp 200 Besuchern im Ratssaal welche Rolle in der Stadt und der Region spielt und was seine Parteifreunde umtreibt.

Respekt und Sparkasse waren dabei mehrfach genutzte Stichworte: Hense erkannte dankend die Anwesenheit politischer Mitbewerber an und gab sich ebenso vom Erfolg der (juristisch) ganz frisch fusionierten Sparkassen Wesel und Dinslaken überzeugt wie Linz. Der wiederum zollte allen Beteiligten der Flüchtlingsarbeit Respekt und fordert diesen samt Unterstützung "von allen" für Polizisten ein. No-go-Areas und Bürgerwehren seien nicht zu akzeptieren. Linz rechnete kurz mit "Psychoterror zweier Fraktionsmitglieder" ab, die (und zwei weitere) ihre Mandate in eine neue Fraktion mitgenommen hatten, "um der CDU zu schaden". Die aber sei nun "geeinigt und geschlossen", habe Kompetenz, Kraft und Gestaltungswillen nicht verloren.

Gastredner und CDU-Mitglied Breuer (siehe Info-Box) hatte mit dem Thema "Alles über einen Kamm? Einheitliche Geld- und Bankenpolitik in einem Europa der Vielfalt" schließlich ein weites Feld zu beackern. Dabei bekannte er sich als überzeugter Europäer, wusste 70 Jahre Frieden, Freiheit und Demokratie sehr zu schätzen. Den Euro bezeichnete er als identitätsstiftend und vieles vereinfachend: "Man stelle sich vor, man müsste wieder Geld umtauschen." Dennoch sah Breuer - etwa an den Grenzen Dänemarks und Österreichs - auch die Veränderungen. "Man wartet wieder. Das ist vielleicht notwendig, aber wie fühlt sich das an?" Die Themen Terror und Flüchtlinge jedenfalls müssten die Schwerpunkte gemeinsamer Arbeit in Europa sein. Jetzt räche es sich, nicht vor Jahren auf Warner gehört zu haben. Denn Europa habe keine Afrika- und Arabienpolitik gemacht, während die USA sich zurückgezogen hätten und China die Lücken gefüllt habe.

Die Betrachtungen Europas von außen verband Breuer stets mit (deutscher) Innensicht und Kritik am Verhalten mancher Länder. So habe Deutschland rund um die Finanz- und Bankenkrise seine Hausaufgaben gemacht, während andere "noch nicht mal angefangen haben". Auch Frankreich kam bei Breuers Analyse nicht gut weg.

Der Umgang mit Geld beherrschte natürlich die Rede des Spitzenbankers. Der nahm auch kein Blatt vor den Mund, bezeichnete Strafzinsen für Einlagen als absurd. Nicht nur für große Anleger, die sich heute lieber einen Tresor samt Wachpersonal mieten, als hohe Summen für viel teurere Gebühren der EZB anzuvertrauen. Auch sei es fatal, dass die Niedrigzinsphase den Konsum anrege, wobei der Notgroschen für die Altersvorsorge vorzeitig verbraucht werde. Das werde dazu führen, dass die öffentliche Hand dann wieder zahlen müsse.

In diesem Spannungsfeld hätten gerade die Sparkassen einen schweren Stand. Für den Zusammenschluss zur Niederrheinischen Sparkasse Rhein-Lippe bedankte sich Breuer ausdrücklich, weil so eine "zukunftsfähige Lösung" gefunden worden sei. Fixkosten, allein für den Umgang mit Unmengen europäischer Regeln, würden geteilt. Unterm Strich war Breuers Rede ein Plädoyer für die kommunale Selbstverwaltung und dafür, in Europas vereinter Vielfalt "die Kirche und die Sparkasse im Dorf zu lassen".

Eine Sammelbüchse kreiste zugunsten der Weseler Tafel. Für die musikalische Untermalung sorgte die Band Novus, eine Neuformation der Gruppe Infinity on High.

(RP)
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