Kreis Wesel Kind und Beruf funktionieren parallel

Kreis Wesel · Um Arbeit und Familie besser zu vereinbaren, bietet der Kreis Wesel auch Ausbildungen in Teilzeit an. Die Wochenarbeitszeit wird dabei auf 30 Stunden reduziert, zudem gibt es eine betriebseigene Kindertagesstätte.

 Yvonne Eimers (l.) hat die Teilzeit-Ausbildung abgeschlossen, Vanessa Uhlstein hat gerade begonnen.

Yvonne Eimers (l.) hat die Teilzeit-Ausbildung abgeschlossen, Vanessa Uhlstein hat gerade begonnen.

Foto: Lars Fröhlich

Morgens vor Arbeitsbeginn noch schnell das Kind fertig machen und in die Kita bringen - aber bloß nicht zu spät kommen. Jemanden finden, der nachmittags den Sprössling wieder abholt und bis Feierabend auf ihn aufpasst. Nach Büroschluss dann den Kleinen wieder einsammeln und ins Bett bringen. So oder so ähnlich sieht der Alltag mancher junger Eltern aus, die berufstätig sind. Wenn dann noch ein Arztbesuch oder andere außerplanmäßige Termine hinzukommen, wird es oft beinahe unmöglich, Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen. Es sei denn, man hat eine Teilzeitstelle. "Das macht vieles einfacher", sagt Yvonne Eimers. Und die 30-Jährige weiß, wovon sie redet. Sie konnte sogar ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten in Teilzeit absolvieren - seit 2012 ist das bei der Kreisverwaltung möglich.

"Wir verstehen uns als familienfreundlicher Arbeitgeber", sagt Sebastian Müller, Ausbildungsleiter beim Kreis Wesel. "Deshalb haben wir beispielsweise im Kreishaus eine betriebseigene Kindertagesstätte eingerichtet. Und deshalb bieten wir Eltern auch an, ihre Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren." Das bedeutet, sie gehen genauso in die Berufsschule wie Vollzeit-Auszubildende, die praktische Erfahrung im Betrieb ist jedoch reduziert. Beim Kreis Wesel arbeiten die Teilzeit-Azubis 30 statt 39 Stunden pro Woche. Durch das reguläre Auswahlverfahren müssen aber alle Bewerber - es ist für Voll- und Teilzeitauszubildende dasselbe.

Trotz der reduzierten Wochenarbeitszeit dauert die Teilzeitausbildung auch drei Jahre. Eine Verkürzung auf zweieinhalb Jahre ist möglich. Die beiden ersten Teilzeit-Azubis beim Kreis, von denen Yvonne Eimers eine war, nutzten diese Möglichkeit mit Erfolg. Benachteiligt gegen über den Vollzeit-Auszubildenden habe sie sich nie gefühlt, sagt die Frau aus Brünen. Im Gegenteil, sie könne das Modell anderen Eltern nur empfehlen, zumal ihre Tochter während der Arbeitszeit die Kita des Kreishauses besuchte. Anders sei höchstens die Organisation des Lernens, blickt sie zurück: "Als Mutter geht man nach Feierabend erst einmal zwei Stunden in den Sandkasten, bevor man sich an die Bücher setzt."

Yvonne Eimers war bereits gelernte Speditionskauffrau und hatte fünf Jahre Auslandserfahrungen gesammelt, bevor sie schwanger wurde und in Familienzeit ging. "Da habe ich dann für mich keine wirkliche Perspektive für einen guten Wiedereinstieg gesehen", sagt sie.

Das änderte sich, als sie von der Teilzeitausbildung zur Verwaltungsfachangestellten beim Kreis erfuhr und sich mit 27 für eine zweite Ausbildung entschied. "Die goldrichtige Entscheidung", weiß Yvonne Eimers heute, zumal sie nun nach dem Ende ihrer Ausbildung übernommen wurde und eine feste Anstellung, auch in Teilzeit, bei der Kreisverwaltung bekommen hat.

Dass es bei ihr auch so gut laufen wird, darauf hofft Vanessa Uhlstein. Die 34-Jährige hat nun zum 1. August eine Teilzeitausbildung zur Verwaltungsfachangestellten beim Kreis angefangen. Auch für sie ist es die zweite Lehre nach zuletzt 16 Jahren als Hotelfachfrau. "Mit dem ersten Kind ließ sich die Arbeit noch gerade so vereinbaren, aber nach der Geburt des zweiten wollte ich die lange Strecke zum Arbeitsplatz nicht mehr fahren", erklärt die Weselerin den Grund für ihre Umorientierung. "Ich habe gezielt nach einer Teilzeitbeschäftigung gesucht und durch Freunde vom Modell des Kreises erfahren." Für sie eine tolle Chance, auch wenn Vanessa Uhlstein sich nach den ersten Tagen am neuen Arbeitsplatz erst einmal noch einfinden und schauen muss, wie sich die verringerten Arbeitszeiten und die gewonnene Zeit durch die wegfallende lange Fahrt letztlich wirklich auswirken werden.

Dass die neue Orientierung der richtige Weg für sie ist, davon ist die Teilzeit-Auszubildende aber bereits jetzt überzeugt. Und auch ihr jüngeres Kind hat sich in der kreiseigenen Kindertagesstätte schon eingelebt.

(gasch)
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