Nikolaus-Gemeinde stellt sich neu auf Kirchen im Umbau

Wesel · Gründung, Zerstörung, Wiederaufbau, Instandhaltung und Modernisierung folgt in Wesels Kirchenlandschaft nun eine Phase baulicher Neuausrichtung. Die Großgemeinde St. Nikolaus steckt mitten in einem großangelegten Programm.

Wie alle gesellschaftlichen Organisationsformen so unterliegen auch die Kirchen heute immer stärker den demografischen und wirtschaftlichen Veränderungen. Fusionen mehrerer Gemeinden folgt meist auch eine Neuausrichtung, der baulichen Ressourcen. Was brauchen wir, um auch in ein paar Jahrzehnten ein breites Gemeindeleben bieten zu können? Was können wir uns leisten? Was kann anders oder besser genutzt werden als bisher? Die Katholische Kirchengemeinde St. Nikolaus Wesel hat sich diesen Fragen gestellt und steckt bereits in einem großangelegten Umbau-Programm. Der Leitende Pfarrer Stefan Sühling (53), ein gelernter Bauzeichner, erläutert gern den aktuellen Stand. Neun Kirchtürme sind in Nikolaus heute vereinigt. Vier davon erleben derzeit mal mehr, mal weniger geplante Veränderungen.

 Mariä Himmelfahrt in der Innenstadt wird die größten Umbauten erfahren und als Zentralstelle aufgewertet.

Mariä Himmelfahrt in der Innenstadt wird die größten Umbauten erfahren und als Zentralstelle aufgewertet.

Foto: Jana Bauch (jaba)

Beispiel Bislich: Die Johanneskirche ist zwar eine kleinere, lediglich auf Außenarbeiten beschränkte Baustelle, die auch schon als abgeschlossen galt, doch gab es ein paar unerwartete Vorkommnisse. Nach umfangreichen Fällungen war der Bau wieder wahrnehmbar. Zum ausgeklügelten Plan der Neuanpflanzungen gehörten Spalierbäume. Vier dieser Linden wurden im Zuge des letzten Schützenfestes so beschädigt, dass Ersatz beschafft werden musste. Zum Glück gelang es laut Sühling, exakt passende Bäumchen zu bekommen. Dann kam die große Dürre 2018.

 An St. Johannes in Bislich haben die neuen Außenlagen durch Dürre und Vandalismus gelitten.

An St. Johannes in Bislich haben die neuen Außenlagen durch Dürre und Vandalismus gelitten.

Foto: Klaus Nikolei

Der Bislicher Franz-Wilhelm Peters goss jeden Tag dagegen an. Dennoch hat die Vegetation stark gelitten. An der Nordseite ist eine Fläche schlicht kaputtgegangen. „Wildromantisch, aber knochentrocken“, beschreibt Sühling die Atmosphäre bei seinem dortigen Auftritt in der Reihe „Wesel liest“, der auch noch vom Durchflug eines mächtigen Uhus bereichert worden war.

 Das Franziskus-Pfarrheim zwischen Kindergarten (l.) und dem Bald-Kolumbarium Kirche (r.) ist abgerissen.

Das Franziskus-Pfarrheim zwischen Kindergarten (l.) und dem Bald-Kolumbarium Kirche (r.) ist abgerissen.

Foto: Fritz Schubert

Am anderen Ende des Stadtgebiets, auf dem Fusternberg, gab es 2018 auch unvorhergesehene Planänderungen. Auf dem Programm stand wegen Undichtigkeiten an einer Lichtkuppel nach etwa 40 Jahren nun ein neues Dach für Pfarrheim und Kindergarten an der Engelkirche. Dabei griffen die Arbeiten auf die Fassade des Pfarrheims über, wo sich ein Verdacht auf verbaute Asbestplatten ergab. Eine teure Untersuchung sparte sich die Gemeinde und ging mit einer neuen Verkleidung auf Nummer sicher. Somit waren hier schon mal rund 35.000 Euro investiert, während das wichtigste Projekt noch läuft: der Aufzug. Er wird nach langem Ringen mit den Denkmalbehörden nun außen in einem separaten Turm untergebracht, der optisch so wenig wie möglich auffallen soll. Die Engelkirche, nach dem Zweiten Weltkrieg symbolträchtig mit Weseler Trümmersteinen auf dem Fort Fusternberg errichtet, weist die Besonderheit auf, dass der Kirchenraum sozusagen auf dem Söller liegt. Das macht ihn für Rollstuhlfahrer unerreichbar.

 An der Engelkirche sind die Vorbereitungen für den Bau des Außenaufzugs getroffen.

An der Engelkirche sind die Vorbereitungen für den Bau des Außenaufzugs getroffen.

Foto: Fritz Schubert

Für die aktuell laufenden Bauarbeiten ist der Bronzeengel aus dem Außenbereich vorübergehend in die Lackhausener Schmiede Buschmann umgezogen. Unterdessen haben die Pfahlgründungen für den Aufzug stattgefunden. Unter Begleitung des Kampfmittelräumdienstes, versteht sich. Rund 170.000 Euro stehen für die wichtige Neuerung Aufzug auf dem Plan. Was der bundesweite Bauboom bewirkt, konnte Sühling an der Engelkirche auch feststellen: „Auf eine Ausschreibung für ein umlaufendes Fensterband aus Metall hat sich nicht eine Firma bemüßigt gefühlt, überhaupt zu bieten.“ Genommen wird für die Fuge, die den Aufzugsturm vom Mauerwerk absetzen sollen, nun ein anderes Material.

Voran gehen die Arbeiten im Schepersfeld an der Franziskuskirche. Hier ist das Ende der 60er Jahre errichtete Pfarrheim mittlerweile abgerissen. Stefan Sühling spricht von einer „komplizierten Art der Müllsortierung“, mussten doch samt Gutachten besondere Wege eingehalten werden, um beispielsweise den Klebstoff des Korkbodens, der in den 80ern im Obergeschoss verlegt worden war, fachgerecht zu entfernen und loszuwerden. Von Vermessern ausgewinkelt ist bereits das neue, barrierefreie Pfarrheim. Der Aushub fürs Fundament wird an der Seite der sogenannten Werktagskapelle bis zu deren Kellerboden reichen, sodann aufsteigend angelegt.

Am Montag sollen die Arbeiten am Fundament beginnen. Das benachbarte große Kirchenschiff geht in die Hände des städtischen Betriebs ASG (Abfall-Straßen-Grünflächen), der darin ein Kolumbarium einrichtet. Für die neue Kapelle soll Ende Februar mit den Kindergartenkindern die Grundsteinlegung gefeiert werden. Bis Ostern, so hofft Pfarrer Sühling, soll der Bau so dicht sein, dass der Durchbruch zur bisherigen Kapelle beginnen kann. Bislang läuft alles nach Plan. Es wird bereits nach einem Termin mit dem Weihbischof gesucht, damit nach den Sommerferien die Altarweihe stattfinden kann. Die Kosten fürs Franziskus-Projekt liegen bei etwa 600.000 Euro.

In einer anderen, aber längst noch nicht zu beziffernden Größenordnung bewegt sich das große Vorhaben für St. Mariä Himmelfahrt in der Innenstadt. Hier sind Pfarrhaus, Pfarrheim und auch die Kirche selbst betroffen, in die ein verglaster Saal eingebaut werden soll. Die Grundideen dazu hatten sich 2017 aus einem viel beachteten Wettbewerb ergeben. 2018 flossen in die weiteren Planungen einige Anregungen ein, die zum Überdenken technischer Lösungen führten. Da ging es um Höhen für die Ausführung des Kellerbaus, aber auch um Fragen zur Belüftung und zu einem langen, breiten Gang zwischen Kirche und angesetztem Neubau sowie um Lösungen für Fluchtwege.

Wie Sühling berichtet, ist mit Unterstützung des Generalvikariats des Bistums ein Weg gefunden worden, der im Januar nun zu Papier gebracht und dann den Gremien vorgelegt wird. Ende Februar/Anfang März könnten die Pläne dann auch der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Sühling sagte, er wolle seinem Nachfolger dereinst beispielsweise keine Lüftungsanlage hinterlassen, die ungewiss hohe Folge- und Betriebskosten nach sich zöge. Wenn Ende 2019 der Bauantrag eingereicht werden könnte, dann würden auch Zahlen zu den Kosten genannt werden können. Immerhin geht es hier um eine Zusammenführung zentraler Stellen der Gemeinde (Rendantur, Beratungsstellen etc.), mit multifunktionalen Räumen und auch einer besseren Wahrnehmbarkeit des Kirchenkomplexes. Dadurch freiwerdende Gebäude könnten anderweitig verwertet werden.

Für die organisatorische und finanzielle Machbarkeit der Vorhaben sorgen laut Stefan Sühling unter anderem „versierte Ehrenamtliche im Kirchenvorstand“. Namentlich Josef Hermsen und Ludwig Maritzen, die im Berufsleben für Volksbank und Sparkasse tätig waren.

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