Sebastian Hense Ist Wesels CDU zu brav, Herr Hense?

Wesel · Die Weseler SPD hat ihre Bürgermeisterkandidatur geklärt: Ulrike Westkamp tritt erneut an. Und die CDU? Im Interview spricht CDU-Parteichef Sebastian Hense über mögliche Kandidaten, die Homo-Ehe und über Koalitionsoptionen in Wesel.

 Über den Dächern von Wesel: Sebastian Hense auf dem Dachbalkon bei der Rheinischen Post mit Blick auf den Rhein.

Über den Dächern von Wesel: Sebastian Hense auf dem Dachbalkon bei der Rheinischen Post mit Blick auf den Rhein.

Foto: Sebastian Peters

Herr Hense, von der Weseler SPD hörte man in den vergangenen Wochen viel zur großen Koalition auf Bundesebene. Intern wurde dort debattiert, auch hart gerungen. Solche Debatten vernimmt man aus der CDU hier nicht, auch bei lokalen Themen ist die CDU als Teil der Weseler Groko auffällig ruhig. Ist die CDU in Wesel zu brav?

Sebastian Hense Keinesfalls, natürlich wird auch bei uns debattiert. Was die politische Arbeit angeht: Wir halten es für richtig, zum jetzigen Zeitpunkt die für die Stadt wichtigen politischen Entscheidungen in Ruhe und mit Augenmaß zu fällen. Wir haben den Haushalt maßgeblich mitgestaltet, wir haben wichtige Entscheidungen zur Südumgehung mitgetragen, und auch beim Thema Kombibad arbeiten wir mit aller Kraft für eine Realisierung am Rhein; und auch hier werden wir mit der SPD einen gemeinsamen Weg suchen. Was nicht heißt, dass man nicht bei grundlegenden Fragen auch mal anderer Meinung sein kann. Einen komplett anderen Kurs hatten wir als CDU etwa bei der lokalen Schuldebatte.

Anders als bei der SPD wurde die CDU-Basis nicht gefragt, ob sie einem Koalitionsvertrag zustimmt. Finden Sie das als CDU-Vorsitzender in Wesel fair?

Hense Ich finde, wir haben beim Koalitionsvertrag ein gutes Ergebnis für Deutschland erreicht. Unser Parteitag hat darüber entschieden. Die CDU wurde also beteiligt. Bei uns in der Weseler CDU wurde keine Kritik an dem Verfahren laut. Mir zumindest ist keine zu Ohren gekommen.

Wie ist die Binnenstruktur der Weseler CDU? Handelt es sich um einen konservativen Stadtverband oder werden in Wesel die Entscheidungen zur Homo-Ehe und Flüchtlingskrise begrüßt?

Hense Was die Homo-Ehe angeht, kenne ich keine ernstzunehmende Kritik mehr daran. Wir sind im 21. Jahrhundert angekommen, die Entscheidung fand ich richtig. Das gleiche gilt für die Flüchtlingskrise. Dass dort nicht alles richtig lief, dass vieles zu lange dauerte, bestreitet selbst die Kanzlerin nicht. Für die CDU bleibt das Christliche eine wichtige Leitlinie. Deshalb begrüße ich die Entscheidung, die die Kanzlerin gefällt hat.

Wie sehr prägt dieses C in ihrem Parteinamen noch die Weseler CDU?

Hense Nach meiner Beobachtung sehr. Wir haben viele Mitglieder, für die ist das Christliche einer der Beweggründe ist, in der CDU aktiv zu sein. Unser politisches Handeln orientiert sich daran. Als Vorsitzender ist mir dies auch wichtig.

Sie selbst sind mit 39 Jahren ein junger Chef. Wie führen Sie, wie binden Sie ihr Team ein?

Hense Mir war von Anfang an klar, dass wir nur als Team richtig gut funktionieren können. Wir debattieren intern, tragen dann alle Entscheidungen nach außen zusammen. Da gibt es viele gute Köpfe in der CDU, die für diese Stadt Politik machen. Ja, ich kann deutlich werden. Und das habe ich in meiner Rede beim letzten Neujahrsempfang in Richtung der Weseler SPD auch gesagt. Aber generell sehe ich meine Rolle auch als innerparteilicher Moderator.

Dass die Weseler CDU mit der SPD gemeinsame Politik macht, muss Sie dennoch schmerzen. Auf Bundesebene zeigt sich, dass eine Groko immer ein teurer Kompromiss ist.

Hense Perspektivisch kann ich mir andere Mehrheiten vorstellen. Ich hoffe, dass sich etwa die FDP in Wesel so weiter stabilisiert, wie sich das bei der letzten Wahl abgezeichnet hat. Tendenziell bin ich auch offen für eine politische Zusammenarbeit mit den Grünen. Mit den Grünen allerdings ist es eher schwierig, weil wir bei inhaltlichen Fragen nicht zusammenkommen.

Wir befinden uns auf halber Strecke in dieser Legislaturperiode. Sie müssen sich nun langsam Gedanken über einen eigenen Bürgermeisterkandidaten machen, nachdem die SPD-Bürgermeisterin mitgeteilt hat, für eine weitere Amtszeit kandidieren zu wollen.

Hense Wir lassen uns da von außen keinen Druck machen. Wenn wir jetzt schon einen Kandidaten benennen, ist das zu früh. Wir haben bei früheren Kandidaten gesehen, dass sie schnell politisch verbrannt werden. Wir haben noch Zeit - was nicht heißt, dass wir hinter den Kulissen keine Gespräche führen.

Ihr Fraktionschef Jürgen Linz gilt als ein Kandidat. Ihnen selbst werden als stellvertretender Schulleiter am Andreas-Vesalius-Gymnasium auch Ambitionen nachgesagt. Und dann ist da der CDU-Beigeordnete Klaus Schütz als möglicher Kandidat.

Hense Wie gesagt, ich werde mich zu Personalien derzeit noch nicht äußern.

Schließen Sie denn aus, dass Sie selbst ihren Hut in den Ring werfen?

Hense Ausschließen werde ich zum jetzigen Zeitpunkt keinen Namen. Aber auch nicht bestätigen.

SPD-Fraktionschef Ludger Hovest hatte der CDU nahegelegt, ohne eigenen Kandidaten in die Wahl zu gehen, weil es die Bürgermeisterin doch so gut mache.

Hense Herr Hovest soll auf seine eigene Partei schauen. Mir scheint, als ob da mit Hilmar Schulz am linken SPD-Flügel jemand sitzt, der die SPD in eine ganz andere Richtung bewegt, als es manchem lieb ist. Wir sind als CDU aber geschlossen auf einem guten Weg. Die Menschen wissen, dass viele der positiven Entwicklungen, die Wesel in den vergangenen Jahren gemacht hat, ohne die CDU nicht möglich gewesen wären.

Macht es die Bürgermeisterin denn so gut, wie es Herr Hovest denkt?

Hense Ich will nicht sagen, dass Frau Westkamp einen schlechten Job macht. Sie macht es ordentlich. Nach dieser Wahlperiode muss allerdings dann auch mal Schluss sein. Es wird Zeit, dass in Wesel mal wieder die CDU den Rathauschef stellt.

Bräuchte es für die CDU nicht einen Kandidaten von außen, mit einem klaren Wirtschaftsprofil und einer Vision für diese Stadt? Die Chance einer Entwicklung hin zum Rhein ist immer noch da. Es scheint sich aber niemand an dieses Thema heranzutrauen.

Hense Ein Kandidat von außen ist eine Option. Wichtiger aber ist die politische Agenda. Natürlich muss es das Ziel sein, die Stadt Wesel weiter zu entwickeln. Die Südumgehung wird die verkehrliche Entwicklung dieser Stadt gravierend verändern. Das Kombibad muss auf den Weg gebracht werden. Es stehen wichtige Entscheidungen für Wesel an in den nächsten Jahren. Wir sind bereit.

SEBASTIAN PETERS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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