Wesel Höfesterben: Immer weniger Rinderbetriebe

Wesel · Im Kreis Wesel sinkt die Zahl der Rinderhalter und Milchviehhalter stark. Wilhelm Neu, Chef der Kreisbauernschaft, warnt: „Die Landwirtschaft prägt den Niederrhein.“

 Rinder in Ginderich: Es gibt immer weniger im Kreis Wesel.

Rinder in Ginderich: Es gibt immer weniger im Kreis Wesel.

Foto: Sebastian Peters

Das dramatische Höfesterben in Deutschland macht auch vor dem Niederrhein nicht halt. Die Zahl der Betriebe sinkt, auch die Zahl der Tiere. Wilhelm Neu, Vorsitzender der Kreisbauernschaft in Wesel, zeigt sich besorgt. Zwar fällt der Rückgang im Kreis Wesel mit 1,4 Prozent deutlich geringer aus als im Landesschnitt mit einem Rückgang von 4,3 Prozent der Betriebe. Dennoch seien das für einen agrarisch geprägten Raum wie den Niederrhein deutliche Alarmsignale. Unter allen Kreisen im Regierungsbezirk Düsseldorf ist der Kreis Wesel mit 637 Rinderbetrieben der zweitgrößte.

„Der Strukturwandel nimmt immer mehr Fahrt auf, das spüren wir auch hier“, sagt Neu, der seinen Hof in Brünen hat. Schließungen von Rinderbetrieben gebe es in allen Städten, in Wesel ebenso wie in Hamminkeln, Hünxe und Schermbeck. Nur noch 50 Prozent der Betriebsleiter von Höfen hätten überhaupt einen Nachfolger, sagt Neu. Erschwert würde die Übergabe von Betrieben auch dadurch, dass es immer neue Auflagen durch neue Gesetze gebe. Die aktuelle Herausforderung für Landwirte: Aus Gründen des Grundwasserschutzes sind sie aufgefordert, die Bodenplatten unter der Silage abzudichten, sodass keine Silageflüssigkeit in den Boden eindringen kann. Kosten wie diese können beim einen oder anderen Halter leicht zu Belastungen führen, die in die Hunderttausende gehen, sagt Neu. „Das kann keiner von heute auf morgen tragen.“ Die Kreisbauernschaft und die Kammer suchen deshalb aktuell Gespräche mit den Landwirten, um sie für diesen Wandel zu wappnen.

Eine große Tendenz, die sich in der neuen NRW-Statistik zeigt: Es gibt eine immer größere Konzentration der Höfe: Große Betriebe werden größer, kleine schließen dafür. Diese Tendenz ist zumindest für das vergangene Jahr in der Statistik am Niederrhein nicht ersichtlich. Denn während die Zahl der Betriebe nur um 1,4 Prozent im Kreis Wesel sank, war der Rückgang bei der Zahl der Rinder mit 2,9 Prozent sogar größer. Waren es im Jahr 2017 noch 76.607 gemeldete Rinder im Kreis Wesel, so waren dies im Jahr 2018 nur noch 74.400. Dies ist nur dadurch zu erklären, dass auch ein großer Betrieb im vergangenen Jahr geschlossen hat. Generell liegt die Zahl der Rinder pro Betrieb im Kreis Wesel bei 117 (2017: 119, die Zahl der Milchkühe pro Betrieb bei 92 (2017: 87). In NRW kommen im Schnitt 73 Milchkühe auf jede Haltung. Die Gesamtzahl der Rinder in NRW wiederum verringerte sich binnen Jahresfrist um 2,0 Prozent auf 1.395.086 Tiere. Die Zahl der Betriebe war im Mai 2018 mit 16.783 um 248 bzw. 1,5 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor.

Am weitesten verbreitet ist dabei in NRW die Milchkuhrasse „Holstein-Schwarzbunte“; ihr Anteil am gesamten Milchkuhbestand lag im Mai dieses Jahres bei 71,6 Prozent. Die Rasse „Holstein-Rotbunt“ kam auf einen Anteil von 17,1 Prozent, das „Fleckvieh“ auf 3,9 Prozent und Kreuzungskühe aus Milch- und/oder Fleischrinderrassen auf 5,7 Prozent. Wilhelm Neu betont: „Kühe sind am Niederrhein ein Kulturgut.“ Die Landwirte hätten in den vergangenen Jahrzehnten diesen Landstrich geprägt, es wäre schade, wenn viel dieser bäuerlichen Tradition verloren gehen würde. „Wenn die Landwirtschaft verschwindet, verschwindet auch ein Stück Niederrhein.“ Landwirte würden nur noch 2,8 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Entsprechend sinke auch die Lobby der Landwirte in der Politik.

(SP)
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