Wesel Himmelsboten Sechs Pfarrer seit 1958 Unterm Schutz der Engel

Wesel · Jubiläum: Die Kirche auf dem Fusternberg besteht 50 Jahre. Sie entstand auf dem Grundriss eines alten preußischen Forts. Darin erlebten 150 Menschen während des Krieges 1945 eine schier wunderbare Rettung.

Schutzengel bewahrten 150 Menschen vor dem Tod, als das alte Fusternberger Fort 1945 bombardiert wurde. Dieser Glaube gab der 1958 geweihten Kirche ihren Namen: Zu den Heiligen Engeln, im Volksmund kurz Engelkirche. Hier finden sich zahlreiche Darstellungen der Himmelsboten.

Weithin zu sehen ist der Posaunen-Engel auf dem Dach, der nachts angestrahlt wird und, weil aus Kupfer, grün leuchtet. Ebenfalls draußen, am Eingang zur Krypta oberhalb des Brunnens, steht ein Engel, der die Rechte ausstreckt über alle, die das Gotteshaus betreten. Das Kunstwerk stammt von der ehemaligen Grabstelle der Familie Kleyboldt auf dem Alten Friedhof an der Caspar-Baur-Straße. Bombensplitter haben seine Flügel und sein Gewand durchschlagen. Der Engel steht auf einem Trümmer-Sandstein aus dem zerstörten Willibrordi-Dom und mahnt zum Frieden. In den Stein gemeißelt ist das Datum der Zerstörung Wesels: 16.02.1945 – 16 Uhr.

Engeldarstellungen von Egino Weinert finden sich auf der kupferbeschlagenen Kirchentür. Zum Greifen nahe sind die Engel als Türknäufe.

Wesel (GHg) Sechs Pfarrer wirkten seit der Einweihung 1958 an der Engelkirche. Den Anfang machte Josef Dörlemann. Damals war die Gemeinde noch ein Rektorat, also gewissermaßen eine „Filiale“ von St. Mariä Himmelfahrt in der Innenstadt. Auf Dörlemann folgte Alfred Wilms. Unter Heinrich van Zyphen erlangte die Gemeinde Anfang der 60er Jahre ihre Selbstständigkeit.

Über 20 Jahre wirkte Pfarrer Norbert Köster auf dem Fusternberg. Sein Nachfolger war Günther Falkenberg, den im Jahr 2003 Pfarrer Robert Mertens ablöste.

2006 sind die Engelkirche, St. Antonius und St. Franziskus zu der Großgemeinde St. Antonius fusioniert. Im Bezirk der Engelkirche leben etwa 2000 Katholiken.

Wesel An den Wänden der Krypta befinden sich noch einige Halterungen. Daran waren einst 16 große Kanonen befestigt. Die alten Schießscharten sind verglast und vergittert. Nur durch sie fällt Licht in den Gebetsraum, der einen Eindruck von der einzigartigen Baugeschichte der Engelkirche gibt. Das Gotteshaus wurde bei identischem Grundriss auf dem alten preußischen Fort Fusternberg erbaut. Nach zweijähriger Bauzeit weihte Weihbischof Heinrich Baaken das Gotteshaus am 2. Februar 1958 ein. Das 50-jährige Bestehen der Friedenkirche zu den Heiligen Engeln – so ihr vollständiger Name – feiert die Gemeinde ein ganzes Jahr lang.

„Kabuffs“ für Soldaten

Das Fort auf dem Fusternberg entstand in den Jahren 1858/59 zum Schutz der damals neu gebauten Eisenbahnlinie Wesel-Münster, über die die Preußen Waffen in ihr Munitionslager nach Minden transportierten. 80 Soldaten taten hinter drei Meter dicken Mauern Dienst, zwei „Kabuffs“ mit Platz für jeweils acht Mann sind im Bauch der Kirche noch zu sehen. In Kriegszeiten waren bis zu 500 Verteidiger vorgesehen. „Hier ist aber nie ein Schuss gefallen, höchstens zu Übungszwecken“, sagt Bruder Gereon Henkhues, Diakon der katholischen Pfarrgemeinde.

Die Initiative zum Kirchenbau ging von Menschen aus, die während des Zweiten Weltkriegs in dem Fort wie durch ein Wunder einen Angriff überlebten. Am 18. Februar 1945, als alliierte Bomber den Weseler Bahnhof ins Visier nahmen, bekam die Anlage zwei Volltreffer. Eine Luftmine schlug in das dreigeschossige Gebäude und blieb auf einer Gewölbedecke liegen, ohne zu explodieren. Damals hielten sich etwa 150 Menschen in den unteren Etagen der ehemaligen Festung auf, die als Luftschutzbunker genutzt wurde. Dass niemand ums Leben kam, kann sich Norbert Köster, über 20 Jahre lang Pfarrer der Engelkirche, nur so erklären: „Jesus hat seine Hand im Spiel gehabt.“

Mitte der 50er Jahre, als viele Menschen im wieder aufgebauten Wesel Heimat gefunden hatten, wurde der Neubau weiterer Kirchen notwendig. Auch das beförderte die Überlegungen auf dem Fusternberg, die von Josef Janßen, Pfarrer an St. Mariä Himmelfahrt, nach Kräften unterstützt wurden. Die Kirche entstand nach Plänen des Architekten Hans Schilling, der bis heute in Köln lebt. Er formte die biblische Geschichte von der Arche Noah aus Stein. Seine Erkenntnis mit Blick auf die dramatischen Ereignisse im Fort: „Gott rettete nicht nur Noah mit seiner Familie bei der großen Flut, auch heute greift Gott ein, wenn Not und Verderben über die Menschen kommt.“ Schilling schuf einen halbrunden Kirchenraum, der sich zum Hochchor parabelförmig weitet. Das Dach des Kirchenschiffs ist wie ein nach unten gewendetes Boot gestaltet.

Nur Trümmersteine

Die Außenfassade wurde nur aus Trümmersteinen zerstörter Häuser erbaut. „Sie ist ein Mahnmal für den Frieden“, sagt Bruder Gereon. Mit Schießscharten, die zu Krypta-Fenstern wurden. Mehr: Seite B 5

(RP)
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