Hamminkeln Hilfe für Flüchtlinge - eine Herzenssache

Hamminkeln · Sultan Masood Dakik unterstützt Neuankömmlinge inzwischen auch überregional.

Musttaba Zaid Kheli kann es kaum fassen. Er zeigt seine Arme, die von Narben gekennzeichnet sind und in den noch Granatsplitter stecken. Er streicht sich über das Gesicht, ein Teil seines Kiefers wurde bei einem Anschlag zerstört. Drei Attentaten ist er entkommen. Es sind Wunden, die nach einem Jahr zwar verheilt sind, aber in seiner Erinnerung niemals heilen werden. Vor Monaten war er auf der Flucht aus Afghanistan, von wo er trotz kriegerischer Situation eigentlich nicht fliehen wollte. Doch es wurde zu gefährlich in Kabul für den Fahrer und Autokaufmann. Für ihn, für seine Frau Forosan Safi, für die Tochter. Alle drei können es kaum fassen, dass sie in Friedfertigkeit und in der Wärme der Morgensonne auf einer Brüner Terrasse sitzen. Das üppige Frühstück hat die Familie von Sultan Masood Dakik aufgetischt, sie hat die drei Landleute zum Zuckerfest eingeladen, von Rendsburg bei Kiel in den ruhigen Hamminkelner Ortsteil zu kommen.

Der Abkömmling der afghanischen Königsfamilie, der als Geschäftsmann von Wesel aus mehrere Firmen steuert, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Flüchtlingen zu helfen, in der neuen Heimat anzukommen. So wie er selbst einst in Deutschland angekommen ist und für sein Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden ist. "Von Bekannten habe ich den Hinweis bekommen, dass es in Rendsburg eine Familie gibt, die Unterstützung verdient hat und die alles tut, um sich zu integrieren. Ich kümmere mich auch überregional um Menschen, die es wertschätzen, in solch einem guten Land wie Deutschland unterzukommen. Es ist meine Botschaft, Flüchtlinge auch im Herzen aufzunehmen", sagt Sultan Masood Dakik. Er wolle sich nicht auf einen Ort bei der Hilfe konzentrieren, sondern "überall" und so auch ein wenig von dem zurückgeben, was er selbst an positiven Dingen erlebt hat.

Deutschland als Fluchtort hat in Afghanistan auch aus historischen Gründen einen legendären Ruf. "Für mich gab es nur das eine Ziel", sagt der 28-jährige Musttaba Zaid Kheli. "Ich bin froh und dankbar, angekommen zu sein", fügt er hinzu. Das klingt anständig und loyal und ist auch so gemeint. Dahinter versteckt sich mehr, ein großes, ungläubiges Staunen, in einer gastfreundlichen, heilen Welt wie dem Niederrhein zu sein.

Mit den Gastgebern ist die Flüchtlingsfamilie durch die Weseler Fußgängerzone gegangen, gemeinsam hat man Düsseldorf, Köln und Bonn besucht. "Das hat Musttaba fasziniert, er spricht aber auch von einem Kulturschock in seiner neuen Umgebung", übersetzt Sultan Masood Dakik. Zwei Erfahrungen werden die Gäste aus Schleswig-Holstein nie vergessen: Sie haben erstmals in ihrem Leben ein Meer gesehen, die Ostsee. Und sie haben nur Hilfsbereitschaft erfahren, unter anderem von der Integrationsbeauftragten in Rendsburg. Jetzt heißt das große Ziel: Deutsch lernen, auf eigenen Beinen stehen und sich in Deutschland eine Existenz aufbauen. Hilfe aus Brünen kommt bestimmt.

(RP)
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