Schermbeck Heimatverein auf den Spuren der Kriegsgeschichte

Schermbeck · 40 Teilnehmer einer Exkursion besuchten am Wochenende die "Russenhöhle". Es gibt die Idee eines Gedenksteins.

 Trotz des Regenwetters waren 40 Geschichtsfreunde gekommen, um den Worten von Heimatkundler Wilhelm Cappell zu lauschen.

Trotz des Regenwetters waren 40 Geschichtsfreunde gekommen, um den Worten von Heimatkundler Wilhelm Cappell zu lauschen.

Foto: Scheffler

Eine Russenhöhle im eigenen Wohnort, der Mord eines Jägers, die Suche nach dem Mörder, an dem sich die eigenen Vorfahren beteiligten und die Frage, an welchen Bäumen acht oder neun Russen im September 1944 aufgehängt wurden: Auf der Spurensuche solcher Ereignisse ließen sich die 40 Teilnehmer an einer Exkursion des Heimatvereins (HV) Weselerwald und Umgebung am Sonntagmorgen auch nicht durch strömenden Regen aufhalten.

Als sachkundigen Leiter konnte die HV-Vorsitzende Maike Beckmann den Dämmerwalder Heimatkundler Wilhelm Cappell gewinnen, der bereits im Vorfeld mit dem Drevenacker Friedrich ten Huf im Wald zwischen Drevenack und Damm mit Farbbändern einen Weg durchs Gebüsch markiert hatte, um die versteckt liegenden Reste der so genannten Russenhöhle wiederzufinden. Aufmerksam verfolgten die Zuhörer den Bericht Wilhelm Cappells über die Vorgänge vor 70 Jahren. Damals lebten dort zunächst die drei russischen Kriegsgefangenen Pawel, Jossif und Wladimar in der Höhle. Zu ihnen gesellten sich sechs Fremdarbeiter und die beiden Ukrainerinnen Maria und Manja. Die Höhlenbewohner stahlen - ohne Gewaltanwendung - im Raum Drevenack, Obrighoven, Damm und Weselerwald alles, was man zum Überleben in einer Erdhöhle benötigt. Die seit April 1944 währende Situation verschärfte sich im Sommer, als die Höhlenbewohner befürchteten, von dem Weselerwalder Heinrich Schüring entdeckt zu werden, der nicht weit entfernt häufig eine Jagdhütte bewohnte. Am 31. August 1944 wurde Schüring von den Russen ermordet. Eine intensive Suche führte schließlich zu den Tätern. Die männlichen Täter sollen - man streitet sich über den Ort - an Bäumen aufgehängt worden sein. Einer von ihnen soll allerdings entkommen sein.

In den ersten Jahrzehnten wurde in der Regel voller Hass über die Höhlenbewohner gesprochen. Das änderte sich im Laufe der Zeit in dem Maße, wie die Geschichtsforschung deutlich machte, dass Soldaten, Gefangene und Zwangsarbeiter auf beiden Seiten letztendlich allesamt Opfer einer Gewaltherrschaft waren. Auf dieser Basis gründete Cappell seinen Vorschlag, in irgendeiner Form die Vorgänge im wahrsten Sinne des Wortes aus ihrem Versteck im Gebüsch herauszuholen. Ob Gedenkstein oder Erinnerungstafel und an welchem Ort, das ließ er offen. Es gehe lediglich darum zu zeigen, dass nicht nur die an der Front agierenden Soldaten ins Kriegsgeschehen involviert waren, sondern auch Gefangene und die Zivilbevölkerung.

(RP)
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