Wesel Haushaltssperre: Wo jetzt gespart wird

Wesel · Straßenprojekte könnten aufgeschoben werden, ebenso wie ein Gutachten für Schul-Raumbedarf.

In der Weseler Politik hat das Rätselraten darum begonnen, welche städtischen Projekte wegen der vom Kämmerer Paul-Georg Fritz angekündigten Haushaltssperre künftig verschoben werden müssen. Der Politik gab Kämmerer Fritz in der Fraktionsvorsitzendenkonferenz die Information, dass ab jetzt jede Maßnahme über 1000 Euro über seinen Schreibtisch gehe. Der Kämmerer habe dann die Hoheit, über eine Verschiebung zu entscheiden.

Konkret gefährdet sind nun etwa geplante Straßenbauprojekte, erklärte der Kämmerer gestern auf Anfrage. "Hier wird nur ein geringer Teil durch Erschließungs- oder Straßenausbaubeiträge gegenfinanziert. Wir werden uns in diesem Bereich jede Maßnahme gründlich anschauen. Der ASG wird allerdings vertraglich oder gesetzlich zugesicherte Zahlungen erhalten." Die Planungen für das Kombibad seien nicht gefährdet - da von der Bäder GmbH finanziert. Auch Kanalsanierungen seien weitgehend im Abwasserbeseitigungskonzept festgeschrieben, die Stadt sei zur Umsetzung solcher Maßnahmen verpflichtet, deshalb sei auch hier eine Streichung kaum möglich. Die SPD befürchtet, dass etwa Investitionen in die Schulen nun stocken könnten. Ein Gutachten über Raumbedarf bei den Schulen, das mit 100.000 Euro veranschlagt ist, könnte nun vorerst gestoppt werden.

Trotz des Dissenses mit dem Kämmerer - SPD-Fraktionschef Ludger Hovest begrüßte gestern den Vorstoß von Fritz, alle Beträge über 1000 Euro zu prüfen. "Das finde ich sinnvoll. Ich will am 12. Juni bei der nächsten Haushaltskonsolidierungskonferenz die Liste der abgelehnten Maßnahmen sehen." Hovest erhofft sich so Hinweise darauf, wo noch Luft im Haushalt ist. "Eine solche Aufstellung haben wir uns vom Kämmerer immer gewünscht." Dass bei einem Haushalt von 130.000.000 Euro immer auch einige Posten dabei sind, die man einsparen kann, dessen sei er sich sicher.

Die CDU glaubt nicht an die Dringlichkeit einer Haushaltssperre. Der Weseler Wirtschaft gehe es gut, in den vergangenen Jahren habe es immer positive Jahresabschlüsse gegeben, erklärte Fraktionschef Jürgen Linz. Er wies darauf hin, dass es auch Haushaltsverbesserungen gebe - etwa eine geringere Belastung bei der Kreisumlage und Zuweisungen des Landes für Flüchtlinge.

Zur Haushaltssperre äußerte sich gestern auch Piraten-Ratsherr Manfred Schramm: "Wenn nun Auftragsvergaben zurückgehalten werden, liegt das auch am künstlich hochgerechneten Haushaltsansatz für die Gewerbesteuereinnahmen, den SPD und CDU beantragt und mit ihrer Mehrheit im Rat durchgesetzt haben."

Die Weseler Jusos wiederum kritisieren die Haushaltssperre. "Es handelt sich hierbei um ein reines Machtspiel, da der Kämmerer nicht wiedergewählt wird. Finanziell besteht zur Haushaltssperre absolut keine Notwendigkeit", bewertet der Juso-Vorsitzende Tim Brömmling die Situation. Leidtragende seien die Bürger.

Unterdessen hat sich der Kämmerer auch zur Frage geäußert, wie es um seine berufliche Zukunft bestellt ist - wie berichtet, werden SPD und CDU ihn nicht wiederwählen. Er wolle mit Rücksicht auf seine vier Kinder nicht mehr in eine andere Stadt ziehen, sagte Fritz. Er werde in Bislich wohnen bleiben wollen, er möge die dörfliche Struktur dort. "Vielleicht kehre ich in meinen alten Beruf des Rechtsanwalts zurück, das wird die Zeit zeigen." Zur Frage, ob er tatsächlich den Fraktionsvorsitz der Grünen übernehme, wie im Rathaus kolportiert, äußerte sich Fritz nicht.

(RP)
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