Wesel CDU wirft Romanski „Maulkorb-Erlass“ vor

Hamminkeln · Es ist ein scharfer Konflikt zwischen Politik und Verwaltung und den Kontrahenten CDU-Fraktionschef Dieter Wigger und Bürgermeister Bernd Romanski. Es geht um Wiggers „Mobbing“-Kritik in Sachen Feuerwehr.

 Dieter Wigger, Vorsitzender der CDU-Fraktion in Hamminkelner Rat

Dieter Wigger, Vorsitzender der CDU-Fraktion in Hamminkelner Rat

Foto: Thomas Hesse

„Wegen der Dringlichkeit“ wird die Tagesordnung des Rates für den 11. Oktober um mehrere Tagesordnungspunkte erweitert. Ein Vorfall ist schon ein paar Tage her, kommt unscheinbar als TOP 2 daher, hat es aber politisch in sich. Die Verzögerung deutet daraufhin, dass wegen der Brisanz die Verwaltungsrunde ein paar Nächte drüber geschlafen hat, ob und wie sie einen Konflikt eskalieren lassen will. Der Tagesordnungspunk heißt: „Verletzung der Treuepflicht gemäß § 43 Abs. 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 GO NW durch ein Ratsmitglied“. Ein einmaliger Vorgang im lokalpolitischen Geschehen Hamminkelns, denn gemeint ist CDU-Fraktionsvorsitzender Dieter Wigger. Der Rat soll, so der Beschlussvorschlag, den Verstoß des CDU-Chefs durch seine öffentliche Äußerung in Sachen Feuerwehr feststellen. Damit kündigt sich eine scharfe Auseinandersetzung der Ratsfraktionen an.

Wigger reagierte erstaunt. „Ich bin ganz gelassen, nach meiner juristischen Prüfung.“ Er glaubt, der Bürgermeister wolle ihn „mundtot machen“. Der Jurist hatte sich bei der Mitgliederversammlung der Dingdener CDU als „Gegengewicht“ zu Bürgermeister Romanski positioniert. „Wir dürfen die Leute hier nicht so wegmobben“, sagte er dort in Bezug zum Umgang der Verwaltung mit der Feuerwehrführung Konrad Deckers und Wolfgang Sack und deren Rücktritt. Die Diktion eines Schreibens von Dezernent Robert Graaf an Deckers hatte Wigger als für diesen untypisch klassifiziert. Diese Darstellung Wiggers ließ sich leicht so verstehen, dass Romanski in Wirklichkeit die Feder geführt habe. Prompt wies der Verwaltungschef in vehementer bis süffisanter Weise Wigger zurecht. Robert Graaf wolle er nicht angreifen, betonte Wigger auf Anfrage. Er werde ihn in die Fraktion einladen.

 Hamminkelns Bürgermeister Bernd Romanski (l.)

Hamminkelns Bürgermeister Bernd Romanski (l.)

Foto: Ekkehart Malz/Malz, Ekkehart

Als „ungeheuerlichen und einmaligen Vorgang in der Stadtgeschichte“, bezeichnete CDU-Vorsitzender Norbert Neß die Ratsvorlage. „Dass der Bürgermeister in diesem Fall so dünnhäutig reagiert, kann nur damit erklärt werden, dass ihm die Argumente fehlen. Hier soll ein engagiertes und langjähriges Ratsmitglied mundtot gemacht werden. Die pseudojuristische Begründung soll davon ablenken, dass die freie Meinungsäußerung eingeschränkt werden soll. Das ist ein Anschlag auf die demokratische Kultur in unserer Stadt.“

Mit der nachgeschickten Ratsvorlage wird der Konflikt verschärft. „Zudem sieht die Verwaltung auch einen Verstoß von Ratsmitglied Wigger gegen seine Treuepflicht“, heißt es hier. Ein heftiger Vorwurf. Die Argumentation der Verwaltung beginnt langsam. Das freie Mandat beinhalte die freie Meinungsäußerung, eine Beschränkung sei, dass die Ratsmitglieder an das Gesetz gebunden sind und „auf das öffentliche Wohl Rücksicht nehmen müssen“. Die Verwaltung sieht besagten „Mobbing“-Vorwurf und den Vorwurf, jemand anderes als Graaf habe die Stellungnahme zum Brandschutzbedarfsplan geschrieben. Fazit der Verwaltung: „Diese Äußerung suggeriert, dass sich der Vorstandsbereichsleiter nicht an Recht und Gesetz hält, sondern stattdessen als ,Marionette’ des Bürgermeisters nach sachfremden Erwägungen handelt. Diese Vermutung von Ratsmitglied Wigger stellt eine Diffamierung gegenüber dem Vorstandsbereichsleiter Robert Graaf dar, die dieser auch vehement bestreitet.“ Romanski weist zudem darauf hin, dass die Verwaltung am 19. September mit den Fraktionschefs über die Amtsniederlegung des Wehrführers Konrad Deckers und seines Stellvertreters Wolfgang Sack gesprochen habe, ohne Widerspruch zu ernten.

Ein Ordnungsgeld wäre nur bei Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht möglich gewesen. Doch die Gemeindeordnung sieht bei Treuepflichtverstoß keine Sanktion vor, wird ausdrücklich festgestellt. Die Verwaltungsspitze mit ihrer neuen Chefjuristin Dietlinde Delbrügge hat sich rechtlich genau damit befasst, Wigger zu bestrafen.

Sicher ist, dass Wiggers sehr offene, vielleicht auch unbedachte Äußerungen vor der Parteibasis eine Bugwelle bis in den Rat erzeugen. Wahrscheinlich ist, dass die politischen Attacken noch schärfer werden. Wahrscheinlich ist auch, dass das Verhältnis zwischen dem Christdemokraten und dem Verwaltungschef zerrüttete Züge behält. Denn nach Wiggers Rundumschlag ist Romanski, der SPD-Mann, die treibende Kraft, der Politik die Grenzen zu zeigen und sich vor die Führungseteage zu stellen. „Daher hat der Bürgermeister entschieden, diese Angelegenheit, die in drei Tageszeitungen thematisiert wurde, dem Rat in seiner Sitzung am 11.10.2018 zur öffentlichen Klarstellung vorzulegen“, heißt es im letzten Satz der zweiseitigen Vorlage.

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