Messungen in Hamminkeln Erhöhte Feinstaubbelastung in Wohnvierteln

Hamminkeln · Thomas Becker von den Grünen hat die Luftbelastung in Hamminkeln gemessen. Ergebnis: Holzkamine bewirken im ländlichen Dorf höhere Schadstoffwerte als in Oberhausens Zentrum.

 Gisela Brick und Thomas Becker von den Grünen zeigen das selbstgebaute Messgerät, mit dem Feinstaubbelastung durch Heizungen gemessen wurde. Die Komponenten kosten 40 Euro.

Gisela Brick und Thomas Becker von den Grünen zeigen das selbstgebaute Messgerät, mit dem Feinstaubbelastung durch Heizungen gemessen wurde. Die Komponenten kosten 40 Euro.

Foto: Thomas Hesse

Thomas Becker (63) hat schon immer gerne gebastelt. Er ist bei den Grünen aktiv, interessiert sich für Umweltthemen und Naturschutz – und er hat ein feines Näschen. Das zeigt ihm an, wie sehr sich die Gerüche aus häuslichen Kaminen des Dorfes verbreiten, wenn die Tage und Nächte kalt werden. Thomas Becker hat sich schlau gemacht, wie sich Luftbelastung messen lässt, Komponenten gekauft, die auch Klimaanlagen regeln, sie zusammengebaut und das fertige kleine Kästchen mit dem transparenten Ansaugschlauch auf die Fensterbank seines Hauses in einer Hamminkelner Sackgasse gestellt. Ganz 40 Euro kostete das Messgerät in Eigenbau, das zwar nicht DIN-geprüft ist, aber aus seiner Sicht ebenso erschreckende wie richtige Messwerte liefert. Die liegen auf dem Land mit der vermeintlich gesunden Luft höher als in Oberhausen-Mitte, genauer der dortigen Mülheimer Straße, die in der Diesel-Affäre Einschränkungen für Autofahrer erlebt.

Ursache des Übels sind laut Becker und Grünen-Parteivorsitzende Gisela Brick die Holzkamine, die viele Bewohner in Wohnvierteln als gemütlich vor sich hinprasselnde Öfen schätzen. Immer, wenn sie mit Holzscheiten beschickt werden, macht sich der Feinstaub breit – und zwar in viel höherer Konzentration, als bei Autos erlaubt ist. Alle zwei Minuten wird gemessen, die Daten werden dann auf die Plattform madavi.de gesendet und ausgewertet. Damit hat sich Beckers Vermutung bestätigt, dass Hausbrand auf Holzbasis eine Gefahrenquelle ist. Zwei Feinstaubarten, unterschieden nach Partikelgrößen, hat er gemessen und dabei Konzentrationen von bis zu 75 Milligramm festgestellt. Beckers Bild macht das Ausmaß deutlich: „Ein einzelner der heutzutage verkauften Öfen stößt so viel Feinstaub aus wie 25 zehn Jahre alte Lkw ohne moderne Abgasreinigung.“

Seit November hat er gemessen, die Wiederkehr der Belastungswerte sei eindeutig. Und weil er in einer Sackgasse mit regelmäßigem, geringem Autoverkehr lebt, würden die Ausstöße von Autos auch keine Verfälschungen produzieren, sagt er. Was ihn besorgt, ist, dass der Feinstaub in der ländlichen Umgebung offensichtlich gesundheitsgefährdende Ausmaße annimmt, und dass es für Holzkamine nur „lächerliche hohe Grenzwerte“ gibt. Eine wirksame Filtertechnik, die Partikel herausnimmt, gebe es nicht, die könne nach Aussagen eines Schornsteinfegers auch nicht wirklich durchgreifend sein. „Das ist schon bemerkenswert: Da lassen sich die Leute hochwirksame Heizungen mit sehr geringem Schadstoffausstoß einbauen und glauben, ökologisch mit Holz zusätzlich zu heizen, holen sich aber eigentlich ein Lagerfeuer ins Haus“, sagt Thomas Becker. Er spricht das ganz unaufgeregt aus, schließlich wollen er und Gisela Brick nicht die Hausbesitzer diskriminieren. „Es geht darum, das Thema bewusster zu machen, sich zu fragen, ob man nicht sensibler beim Heizverhalten sein muss“, sagt Gislea Brick. Thomas Becker findet, man solle die Kaminöfen gar nicht oder nur selten nutzen, denn was ausgestoßen werde, sei zwar wenig beachtet, aber höchst klimaschädlich. In der aufgeregten Dieseldebatte werden aber andere Schwerpunkte gesetzt. Was aus Holzkaminen kommen darf, könnte im Bundesimmissionschutzgesetz begrenzt werden. Die Kommunen, so die Grünen, könnten tätig werden und die Feinstaubbelastung messen. Das ist nicht in Sicht. Deshalb hat Thomas Becker wieder gebastelt. Johannes Flaswinkel aus Mehrhoog, der Fraktionssprecher der Grünen, bekommt nun ein Messgerät. Das können sich bei ihm interessierte Bürger ausleihen, wenn es mal wieder im Wohnviertel nach Abgasen riecht.

Die Problematik summiert sich übrigens, zwischen zehn und 15 Millionen Holzöfen sollen bundesweit im Einsatz sein. Informiert hat sich Thomas Becker im Internet unter anderem auf der Seite www.luftdaten.info.

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