Neue Mikroturbine für 390.000 Euro Ein Schnellläufer für die Kläranlage

Hamminkeln · Die Stadt hat eine Mikroturbine angeschafft, die mit 96.000 Umdrehungen pro Minute Faulgase aus dem Klärungsprozess von Abwasser komplett in Energie umsetzt. Bisher wurde ein Teil der Gase abgefackelt.

 Klärmeister Ralf Weiand zeigt das Steuerungselement der neuen Mikroturbine im Klärwerk Dingden.

Klärmeister Ralf Weiand zeigt das Steuerungselement der neuen Mikroturbine im Klärwerk Dingden.

Mit Mikro wird die rasend schnelle Turbine in der Zentralkläranlage an der Römerrast nicht umsonst bezeichnet. Das Gerät, das mit bis zu 96.000 Umdrehungen pro Minute die anfallenden Faulgase verwertet, steckt in einem Gehäuse, das wie ein großer Kasten aussieht. Er passt in einen Raum von Pkw-Garagenformat. Eine der Verschalungen lässt sich öffnen, dahinter stecken Rohre und Verdichter, die das Gas trocknen und somit optimieren für die Umwandlung in Strom und Wärme.

Die eigentliche Turbine in kompakter Bauweise steckt hinter einer nüchternen Metallwand. Sieht unspektakulär aus, hat aber erhebliche Wirkung: Die beim Klärungsprozess anfallenden Faulgase werden ab sofort in Hamminkeln komplett verwertet, bisher wurden 30 Prozent nutzlos abgefackelt und produzierten so auch ungewollte Emissionen.

Bernhard Payer, Technik-Chef im Rathaus, sagt: „Die Turbine ist ein sehr effektiver Schnellläufer, die Anschaffung ist ein Win-Win-Projekt für saubere Energie und Umwelt.“ In der zentralen Anlage werden Schmutz- und Abwässer aus allen Hamminkelner Ortsteilen verarbeitet. Nur Marienthal und das Wochenendhausgebiet Havelich sind nicht angeschlossen, werden es aber bald. 1,5 Millionen Kubikmeter schmutzbefrachtetes Wasser fallen im Jahr an. Im Reinigungsprozess fällt das Nebenprodukt Klärgas an. Dieses wird in einem speziellen Behälter zwischengelagert. Bisher wurde es für die Beheizung des Faulturmes und der Betriebsgebäude genutzt. Da geht mehr, da muss mehr gehen, wissen die Verantwortlichen. Es wurde hin und her überlegt. Zwei Varianten waren in der Debatte: ein Blockheizkraftwerk und besagte Mikroturbine, ein US-amerikanisches Patent der Firma Capstone.

Am Ende wurde die teurere Mikroturbine ausgewählt. Minimaler Wartungsaufwand, lange Lebensdauer, geringer Verschleiß, kein Problem mit schwankendem Methangehalt im Klärgas, hoher Ertrag mit 313.000 kWh pro Jahr: Wolfgang Stappert, Betriebsleiter Stadtentwässerung, und Klärmeister Ralf Weiand sind froh, die flexible Lösung bevorzugt zu haben. „Eine Besonderheit sind die Luftlager, die es ermöglichen, die Anlage ohne einen Tropfen Schmieröl oder Fett zu betreiben“, wird berichtet.

Das beeindruckt auch wenig Technikbegeisterte. In einer Brennkammer wird das Gas verbrannt, über einen durch die Turbine angetriebenen Generator wird Strom erzeugt. Im Prozess fällt Wärme an, die wiederum zur Beheizung des Faulturmes und der Gebäude benutzt werden kann.

Nicht alles aber, was im Klärwerk anfällt, wird direkt verwertet. Die Zeit, den Klärschlamm als Dünger verwerten zu können, sind lange vorbei. Bei der Vorstellung der Turbine am Montag stand ein Spezialfahrzeug am Faulturm und saugte Klärschlamm zu einem Entwässerer. Das getrocknete und gepresste Produkte wurde dann verladen. Es wird im Abfallzentrum Asdonkshof des Kreises Wesel verbrannt.

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