Hamminkeln/Hünxe Eintagsfliegen auf Nachtflug am Niederrhein

Hamminkeln/Hünxe · Die Natur liefert derzeit nachts ein Spektakel: Rund um die Laternen flattern massiv Eintagsfliegen. Manche Bürger reagieren irritiert. Dabei ist die große Insektenpopulation ein gutes Zeichen.

  Eintagsfliegen rund um eine Laterne: Dieses Bild hat Aylin Klisura in Hamminkeln aufgenommen.

Eintagsfliegen rund um eine Laterne: Dieses Bild hat Aylin Klisura in Hamminkeln aufgenommen.

Foto: Aylin Klisura

In solcher Vielzahl sieht man Insekten selten an einem Ort. Sobald die Dunkelheit einbricht, flattern die Eintagsfliegen derzeit um die Laternen am Niederrhein. In den sozialen Netzwerken der Städte Hamminkeln und Hünxe haben Bürger in den vergangenen Tagen Bilder vom Natur-Spektakel gepostet. Und so mancher fragt sich, was denn da vor sich geht. Ist das schon eine Plage?

Klaus Kretschmer von der Biologischen Station in Wesel kann beruhigen. Er ist mit dem Phänomen der Eintagsfliegen vertraut. Grund zur Beunruhigung bestehe nicht, sagt der Natur-Experte. Ganz im Gegenteil: Die starke Population der Eintagsfliegen (lat. Ephemeroptera) sei Beweis dafür, dass das Wasser im Rhein wieder höhere Qualität hat. Kretschmer kennt den genauen Grund für die massive Population. Die Weibchen legen im und an Fließgewässern wie Rhein und Lippe ihre Eier ab. Bei einer bestimmten Temperatur im Sommer würden alle Insekten auf einmal schlüpfen, erklärt Kretschmer. Dann fliegen die männlichen Insekten, gemeinsam zum Licht, also den Straßenlaternen. Einzelne Weibchen schließen sich dem Schwarm an. Dort würden sich die Männchen auf ein Weibchen stürzen. Nach dem Paarungsakt fliegen laut Kretschmer die Weibchen zurück zum Rhein und legen dort ihre nächsten Eier ab. Danach verenden sie ebenso wie die Männchen.

Eintagsfliege ist nicht gleich Eintagsfliege, es gibt 3000 Arten, 42 Familien. Ein Jahr leben die Tiere in verschiedenen Stadien, die Phase als nachtflatterndes Insekt nimmt dabei nur einen ganz kurzen Zeitraum ein. Was genau mit der Fliege passiert, hat der der niederrheinische Entomologe Heinrich Greven (Duisburg) in seinem Aufsatz „Eintagsfliegen im Schwalmtal“ schon im Jahr 1932 erstaunlich präzise beschrieben. Darin heißt es: „Die Verwandlung erfolgt ohne vorherige Puppenruhe. Das bevorstehende Ausschlüpfen zeigt die Nymphe durch ihr Verhalten an. Sie frisst nicht mehr und verhält sich ruhig an einem Fleck. Wenn man jetzt das Tierchen unter dem Mikrospkop untersucht, dann bemerkt man sonderbare Veränderungen an ihm. Überall erglänzen silberhelle Stellen auf. Es sind Luft- oder Gasblasen, die sich zwischen die alte und die neue Körperwand geschoben haben und so die Ablösung bewirken. Unter der durchsichtigen alten Haut erkennt man die Gliedmaßen des fertigen Insektes, die viel länger als die larvalen und anders gegliedert sind.“ So steigt das Tier aus dem Wasser auf – und es beginnt das, was Greven als „Wunder der Verwandlung“ beschreibt. Kurze Zeit nach dem Auftauchen gehen durch den Körper ruckartige Bewegungen, schreibt er. Auf dem Rücken platze die Haut, nach wenigen Sekunden sitze da ein fertiges Insekt.

(sep)
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