Himmel Und Erde Griechische Tragödie

Wesel · Man mag es in den Nachrichten kaum noch hören oder lesen. Die endlose Tragödie um die katastrophale Lage in Griechenland, die Diskussion um einen möglichen "Grexit" und die alptraumhafte Geisterbahnfahrt der griechischen Syriza-Regierung in diesen Tagen und Wochen machen rat- und sprachlos zugleich. Das tief gespaltene Land, zerrissen zwischen "Oxi" und "Nai" bei der Volksabstimmung, taumelt scheinbar in einen Abgrund hinein und noch ist nicht absehbar, wie dieser Sog aufgehalten werden kann. Schon jetzt ist klar, dass die in den letzten Jahren aufgehäuften Schulden von mehr als 300 Milliarden Euro kaum jemals zurückgezahlt werden können.

Himmel Und Erde: Griechische Tragödie
Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Die Staatsverschuldung von gut 175 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bedeutet faktisch das Ende jeder wirtschaftlichen und finanzpolitischen Eigenständigkeit. Schon drohen in den zahlreichen griechischen Auffanglagern für Mittelmeerflüchtlinge erste Hungerrevolten, weil die Versorgung mit Lebensmitteln aufgrund der katastrophalen innenpolitischen Lage nicht mehr gewährleistet werden kann. Was in diesen Tagen besonders erschüttert, sind die Bilder der Menschen in Griechenland. Endlose Schlangen vor den Geldautomaten und weinende Rentner, die nach stundenlangem Anstehen erfahren müssen, dass selbst die begrenzte Tagessumme von 60 Euro nicht ausgezahlt werden kann. Europa steht vor einer kaum lösbaren Aufgabe. Den Menschen helfen und dennoch die zwingend notwendigen Reformen in Griechenland durchsetzen.

Aber genau in dieser Reihenfolge muss nun gehandelt werden. Wir dürfen die Menschen in Griechenland jetzt nicht sich selbst überlassen. Sie gehören zu uns und zu Europa. Wir sind in ihrer Not für sie verantwortlich. Jahrzehntelang haben wir unsere Urlaube in Griechenland verbracht, wir leben mit Griechen in unserer Stadt zusammen, gehen in ihren Lokalen essen, sie sind als griechisch-orthodoxe Gemeinde in unseren Häusern zu Gast, nun dürfen wir uns nicht von ihnen abwenden und sie für die Untätigkeit und Fehler ihrer Regierungen verantwortlich machen. Griechenland ist ein stolzes Land mit einem unschätzbaren Reichtum an Kultur und Geschichte. Griechenland ist für Europa unverzichtbar. Am wichtigsten aber sind die elf Millionen Griechen selber. Die Würde der Männer, Frauen und Kinder in Griechenland liegt in diesen Tagen auch in den Händen Europas.

THOMAS BRÖDENFELD

(RP)
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