Wesel Gelebte Inklusion seit 50 Jahren

Wesel · Die inklusive Kindertagesstätte am Kartäuserweg besteht seit einem halben Jahrhundert. Das wird am kommenden Freitag mit allen Beteiligten gefeiert.

 Die Kinder freuen sich ganz besonders auf die große Feier zum Jubiläum. Die erste integrative Gruppe in der Kita am Kartäuserweg wurde im Jahr 1991 ins Leben gerufen.

Die Kinder freuen sich ganz besonders auf die große Feier zum Jubiläum. Die erste integrative Gruppe in der Kita am Kartäuserweg wurde im Jahr 1991 ins Leben gerufen.

Foto: Pottgiesser

"Dreimal schlafen noch - dann ist die große Feier", freute sich Adrian (5) gestern: Heute sind es nur noch zwei Nächte, bis zum 50-jährigen Bestehen der inklusiven Kindertagesstätte Kartäuserweg.

"Als der Kindergarten eröffnet wurde, hieß er 'Sonderkindergarten'", blickt Leiterin Claudia Wingerath zurück. Damals befand er sich noch an der Gerhart-Hauptmann-Straße, erst 1987 folgte der Umzug an den Kartäuserweg. "Da steckte die Integration - oder Inklusion - in den Kinderschuhen", so Wingerath.

1991 wurde die erste integrative Gruppe ins Leben gerufen, die sowohl Kinder mit als auch ohne Behinderung besuchten. Heute gibt es zwei solcher Gruppen. Dazu kommen zwei heilpädagogische Kleingruppen mit jeweils acht Kindern. Insgesamt besuchen derzeit 46 Kinder die Kita, die von der Lebenshilfe Unterer Niederrhein getragen wird. Betreut werden die Gruppen von einem 19-köpfigen Team, so kann auf alle Rücksicht genommen werden.

Gerade in den heilpädagogischen Gruppen sei das wichtig, denn dort hätten alle Kinder Förderbedarf. "Auf den ersten Blick sieht das dann vielleicht nicht nach Inklusion aus, aber es ist einfach so, dass die Kinder häufig einen Rückzugsort brauchen", erklärt die gelernte Heilpädagogin Wingerath. Zusätzlich zu den Erziehern arbeiten auch Therapeuten mit den Kindern.

Um viele Gelegenheiten und Räume zur Begegnung zu schaffen, seien die Gruppen ohnehin immer offen. Das Konzept komme auch bei den sogenannten Regelkindern, also Kindern ohne Förderbedarf, sehr gut an. "Klar merken die Kinder, dass da vielleicht jemand ein bisschen anders ist - aber das stört überhaupt nicht", sagt Wingerath. Auch die größten Rabauken nähmen auf diejenigen, die Hilfe bräuchten, besonders viel Rücksicht. "Das ist besonders schön." Auch das Team versuche, alle gleich zu behandeln - auch das bedeute Inklusion.

Der Alltag in der Kindertagesstätte verlaufe wie in einer großen Familie. "Alle Kinder sind 45 Stunden pro Woche hier." Auch Einkaufen und Putzen stehen auf dem Programm. Abgestimmt sind die Abläufe speziell auf die Kinder. Der Speiseplan wird jeden Morgen auf einen Speaker gesprochen, der auf Knopfdruck erzählt, was es zu essen gibt, so dass alle Kinder bestens informiert sind. "Sie können sich nicht vorstellen, wie oft ich deshalb am Tag höre, was es zu essen gibt", sagt Wingerath.

Nötig sei das, weil nicht alle Kinder sprechen würden. Um diese Kinder besser einbinden zu können, lernen mittlerweile alle Kinder gebärdenunterstützte Kommunikation - und die Vokabeln sitzen schon ganz gut, wie Adrian bereitwillig zeigt: "Macht ja auch Spaß", stellt er fest.

(sb)
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