Hamminkeln Geld von Lidl lockt die FDPTosender Applaus für Spielleute

Hamminkeln · Krise bringt Bewegung an die Brüner Straße: Liberale sind bereit, hier einen Discounter siedeln zu lassen, um Geld in die Kasse zu bekommen. Wertherbruch wundert sich über Weihnachtsgeschenk von CDU-Minister Lienenkämper. Das Tambourcorps Büderich hat mehr drauf als Straßenmusik. Dies bewiesen die Musiker beim Jubiläumskonzert im Weseler Bühnenhaus. Seit 80 Jahren besteht das Orchester, das von Tambourmajor Jürgen Linz geleitet wird.

Es kommt Bewegung in die Politik. Die wirtschaftliche Krise mit wegbrechenden Gewerbesteuereinnahmen bringt die FDP dazu, mit einem Tabu zu brechen. Die Liberalen wollen auf dem alten Sportplatz den Weg frei machen zur Ansiedlung eines Discounters. Damit schlagen sie sich auf die Seite von SPD und USD, die schon lange dafür streiten, Lidl hier zum Zuge kommen zu lassen, wenn der Fußball in die neue Arena im Mühlenrott auf Torejagd geht. "Wir können's uns nicht leisten, das Gelände brach liegen zu lassen und darauf zu verzichten, 2,6 Millionen Euro fürs neue Sportgelände zeitnah zu refinanzieren", so FDP-Fraktionschef Rainer Hecheltjen über das Ergebnis der Haushaltsklausur.

Selbstverständlich müsse das Preisangebot für das Grundstück stimmen und auch die Optik des Gebäudes, nennt die FDP ihre Bedingungen. Ansonsten gelte: "Rote Asche bringt keine Asche", so Hecheltjen. Er appelliert an die CDU, die Blockadehaltung gegen einen Discounter aufzugeben. "Da sollten einige mal über ihren Schatten springen." Die CDU setzt am Osttor zum Dorf aus gestalterischen Gründen allein auf die Vermarktung der städtischen Flächen an Häuslebauer – die hier aber erst zum Zuge kommen, wenn die anderen noch freien Bauflächen im Ort aufgebraucht sind. Das kann dauern.

Zwei Töpfe für Radwegebau

Auch beim Radwegebau in Wertherbruch geht die FDP auf Distanz zur CDU. Die Bürgerschaft, die hier für den Lückenschluss erheblich in die Pflicht genommen werden sollen, sagt Ratsfrau Silke Westerhoff, sei sehr verärgert gewesen über ein "Wahlgeschenk", das Landesverkehrsminister Lutz Lienenkämper (CDU) seinem Parteifreund Hendrik Wüst – der wegen zuviel kassierter Krankenkassenbeiträge massiv in die Kritik geratene Landesgeneral – gemacht habe.

Da hatte Lienenkämper dem "lieben Hendrik" kurzerhand zwei Millionen Euro aus dem Sondertopf "zur Beseitigung von gefahrenstellen an Landstraßen" für einen fünf Kilometer langen Radweg in Barlo bei Bocholt zugesichert und somit dem Abschied vom "innovativen Radwegebau" á la Wertherbruch finanziert.

"Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen", so Westerhoff, die sich wundert, dass die CDU in Hamminkeln "ihren Einsatz verschläft". Sie jedenfalls habe ihre liberalen Freunde im Düsseldorfer Landtag eingeschaltet, um ebenfalls in den Genuss aus dem Sondertopf zu kommen. "Schließlich ist es bei uns nicht minder gefährlich."

WESEL "Ein gutes Musikstück kann in drei Minuten eine ganze Geschichte erzählen", sagte Jürgen Linz. Der Tambourmajor und Vorsitzende des Tambourcorps Büderich 1929 zog es aus diesem Grund vor, keine lange Rede zu halten, sondern lieber die Musik für sich sprechen zu lassen. "Musik gibt es heute in allen denkbaren Medien", so Linz. Die schönste Form Musik zu erleben, sei aber immer noch ein Live-Konzert, bei dem man ganz nah dran sei am Geschehen.

Das Publikum beim großen Jubiläumskonzert des Tambourcorps im Bühnenhaus konnte dem nur zustimmen. Von Alterserscheinungen war bei dem seit 80 Jahren bestehenden Orchester nichts zu spüren. "Musik verbindet Nationen, Völker und Erdteile. Sie schafft Frieden, bringt Freude und spendet Trost." Mit diesen Worten begrüßte Heribert Hofacker die Zuhörer im komplett gefüllten Saal.

Der Büdericher führte moderierend durch das Programm und wusste Wissenswertes zu jedem gespielten Stück zu berichten. Musik erkläre sich aus sich selbst heraus und bedürfe keiner Untertitel. "Und sie hat erst recht kein Verfallsdatum", betonte Hofacker. Dass die Musiker überhaupt konzertant spielen, sei ein Verdienst von Tambourmajor Linz, der die Spielleute seit den 70er Jahren auf eine neue Ebene geführt habe.

Hommage an den Admiral

Dass das Tambourcorps mehr drauf hat als Straßenmusik, bewiesen die Musiker mit ihrem Dirigenten Michael Roski eindrucksvoll im Konzert. Zum Auftakt ertönte ein Marsch, ein historisches Werk um 1700 aus unbekannter Feder. Gefolgt wurde das Stück von "Die Regimentskinder", ein Werk des Komponisten Julius Fucik. Sehr atmosphärisch waren die "Mährischen Skizzen", eine musikalische Erinnerung an die Heimat von Josef Jiskra. Freude und folkloristische Elemente zeichneten dieses Werk aus, das vom Publikum mit tosendem Applaus bedacht wurde. "Wellington" war eine Hommage an den berühmten Admiral.

Zum ersten Advent passte das sehr bekannte Stück "The little drummer boy", ein Traditional aus den USA, das die Geschichte eines Sklavenjungen erzählte, der die drei Weisen aus dem Morgenland vor dem Kindermord des Herodes warnte und der Geburt Jesu im Stall zu Bethlehem beiwohnte. Da er nichts geben konnte als seine Musik, spielte er dem Neugeborenen ein Lied auf seiner Trommel.

Dramatisch wurde es beim Aufeinanderprall guter und böser Mächte in der irischen Legende vom "Lord of the dance", vertont von Ronan Hardiman. Eine Videoprojektion und Nebel im Bühnenhaus setzten die Musik stimmungsvoll in Szene. Höhepunkt und Titelgeber des Konzertes war das Stück "Music" von John Miles.

(RP)
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