Wesel Geboren oder nicht: Gottes Geschöpf

Wesel · Vom Segen und Fluch der Pränataldiagnostik: Domkapitular Stefan Sühling findet im Xantener Dom klare Worte zur "Woche für das Leben".

 Kreisdechant Stefan Sühling predigte im Xantener Dom zur "Woche für das Leben".

Kreisdechant Stefan Sühling predigte im Xantener Dom zur "Woche für das Leben".

Foto: Bischöfliche Pressestelle / Christian Breuer

/ Xanten (pbm/cb) Das Leben, sagte Domkapitular Stefan Sühling jetzt im Xantener Dom, sei nicht totzukriegen: "Das sehen wir jetzt jeden Tag in der Natur: Das Verdorrte des Winters wird zu einer lebendigen, blühenden Natur." Es ist die Zeit, in der die beiden großen christlichen Konfessionen eine Woche lang auch für das menschliche Leben beten, "gerade für das Leben am Anfang und am Ende", erklärte der Kreisdechant. In Xanten eröffnete er die "Woche für das Leben" mit einem Abendgebet, zu dem die Kreisdekanate Kleve und Wesel gemeinsam eingeladen hatten. Musikalisch gestaltet wurde der Abend durch die Musikgruppe Horizonte.

Die Woche, die in diesem Jahr unter dem Leitwort "Kinderwunsch. Wunschkind. Unser Kind!" steht, widme sich einem schwierigen Thema, sagte Sühling. "Dahinter verbirgt sich die Thematik der vorgeburtlichen Kontrolle, der sogenannten Pränataldiagnostik", erklärte er. Die Medizin ermögliche es werdenden Eltern, schon vor der Geburt klären zu lassen, ob das Kind unter einer schweren Krankheit leiden oder mit einem Gendefekt zur Welt kommen wird. Schon im Mutterleib sei es möglich, medizinische Hilfe zu leisten. "Was für ein großes Glück. Das hilft dem Leben, gesund zur Welt zu kommen. Das ist ein Segen", betonte Sühling.

Das Dilemma sei, dass sich aus dieser positiven Möglichkeit auch das Gegenteil entwickelt habe. Die Erkenntnis, dass ein Kind unheilbar krank sei, stelle Eltern vor die "unfassbar große und schwierige Frage, wie sie damit umgehen sollen". Dann, sagte Sühling, "steht das Leben auf dem Spiel. Aus dem Segen der vorgeburtlichen Diagnostik ist der Fluch der Möglichkeit der Abtreibung geworden." Schon jetzt, nach der Einführung eines einfachen Bluttests, sei die Geburtenzahl der Menschen mit Trisomie 21 - auch bekannt als "Down-Syndrom" - in Deutschland "dramatisch gesunken." In der Gesellschaft, sagte Sühling, gelte: "Solche Kinder sind nicht produktiv, die können wir in unserem Land nicht gebrauchen. Die Eltern werden durch gesellschaftlichen Druck gezwungen, über das Leben entscheiden zu müssen."

Die christliche Sichtweise sei eindeutig: "Jede und jeder Einzelne ist ein Geschöpf Gottes. Auch das Ungeborene ist eine einzigartige Person, ein Mensch, zu dem Gott sagt ,Du bist mein geliebtes Kind'. Das gilt für Menschen mit oder ohne Gendefekt, mit oder ohne unheilbare Krankheit", betonte Sühling. Niemand habe das Recht, einem anderen Menschen das Leben abzusprechen. "So ist", sagte Sühling, "aus dem Dilemma eine Bekenntnisfrage geworden. Was vertreten wir als Christen, was vertritt jeder Einzelne, was uns das menschliche Leben wert ist?", fragte der Kreisdechant. "Unbedingt gilt: Jeder einzelne Mensch, ob geboren oder nicht, ist Gottes Geschöpf."

Trotz dieses Bekenntnisses zum Leben sollten, mahnte er, die Menschen demütig bleiben: "Keiner von uns hier möchte in der Haut der Eltern stecken, die vor einer solchen Entscheidung stehen. Mit unserem Bekenntnis zum Leben dürfen wir selbstbewusst sein, es aber nicht herausfordernd sprechen."

So wurde in den Fürbitten auch für diejenigen Eltern gebetet, die "ihr Kind nicht wollten oder zu einem Schwangerschaftsabbruch gedrängt wurden". In der Fürbitte hieß es weiter: "Sie werden meistens später von großen Schuldgefühlen und seelischer Not geplagt. Sie trauern um ihr Kind. Lass sie erkennen, dass sie in der Begegnung mit Dir Vergebung und Heilung finden. Lass sie aus der Erfahrung Deiner Barmherzigkeit heraus einen neuen Anfang wagen."

(RP)
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