Wesel Father Mathew fliegt heute zurück in eine ungewisse Zukunft

Wesel · Die Schreckensmeldungen erschütterten Christen auf der ganzen Welt. Über Weihnachten attackierten hinduistische Extremisten Kirchen und christliche Einrichtungen im ostindischen Bundesstaat Orissa. Hinter den Angriffen stecken die Fundamentalisten-Gruppierungen Vishva Hindu Parishad (VHP ) und Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS). Deren erklärtes Ziel ist es, die Christen aus der Region zu vertreiben. „Sie haben Angst, dass sich die Christen weiter ausbreiten“, glaubt Father Mathew. Der Geistliche aus Indien besucht derzeit seinen langjährigen Freund Pfarrer em. Joseph Storm in Wesel und macht sich große Sorgen über die Lage in der Heimat.

Anschlag auf Priesterseminar

Das Priesterseminar des Kapuzinerordens in Barakhama, von Father Mathew 1995 gegründet und 2002 eingeweiht, wurde bei den Anschlägen völlig zerstört. Die Angreifer zündeten Bomben im zweistöckigen Gebäude, das komplett abbrannte. In anderen Gemeinden kamen sechs Menschen bei Anschlägen ums Leben. In Barakhama wurde zum Glück niemand verletzt.

„Die Studenten sind in den Wald geflohen und 50 Kilometer weit gelaufen, um sich in Sicherheit zu bringen“, berichtet Father Mathew, der das alles gar nicht fassen kann. Auch Pfarrer Storm ist entsetzt: „Das ist eine schlimme Situation.“ Täglich telefoniert Father Mathew nach Orissa, um seinen Mitbrüdern beizustehen. „Alle stehen unter Schock. Meine Brüder haben zwei Tage im Freien verbracht, ohne Essen und Kleidung. Zur Zeit ist es dort sehr kalt“, sagt Father Mathew. 32 Studenten haben inzwischen in einem Nachbarkloster Zuflucht gefunden. Doch sicher kann sich auch dort niemand fühlen.

Der Konflikt zwischen Hindu-Extremisten und Christen schwelt seit langem und kommt immer wieder offen zum Ausbruch. Besonders ernst ist die Situation im Distrikt Kandhamal, der zur Erzdiözese von Cuttack und Bhubaneswar gehört. Obwohl die Christen nur drei Prozent der Gläubigen ausmachen, die Hindus 80 Prozent, fühlen sich die Fundamentalisten von den Missionsstationen bedroht, die vor allem Zulauf von Armen und Kastenlosen haben. Terror gegen die Christen sei auch politisch mitiviert, vermutet Mathew. „Wir klären die Menschen über ihre Rechte auf. Viele wollen nicht mehr ohne Bezahlung arbeiten. Die Radikalen fürchten, dass die Leute oppositionsfähig werden“, so der Geistliche.

Nach indischer Verfassung seien alle Religionen gleichgestellt. Dennoch fühlen sich die Christen von der Regierung allein gelassen. „Bis Hilfe vom Militär eintrifft, ist schon alles passiert“, kritisiert Father Mathew. Seine Studenten will er so bald wie möglich wieder unterrichten. Ob das Gebäude wieder aufgebaut werden kann, weiß zur Zeit niemand. Heute fliegt der Pater zurück in eine ungewisse Zukunft.

(RP)
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