Wesel Fassaden prägen die City

Wesel · Mit der neuen Gestaltungssatzung ist die Zeit des wilden Durcheinanders in der City vorbei. Immobilienbesitzer verlieren manche Freiheiten, aber die Innenstadt wird schöner. Stadt stellte Pläne vor – die Resonanz war mager.

 Das Gebäude links an der Brückstraße gefällt ab dem ersten Geschoss. Die Werbung ist zu grell und groß, das Schaufenster optisch abgeriegelt vom oberen Geschoss. Die Planer im Rathaus sehen stattdessen die gestalterische Lösung rechts am Leyensplatz positiv.

Das Gebäude links an der Brückstraße gefällt ab dem ersten Geschoss. Die Werbung ist zu grell und groß, das Schaufenster optisch abgeriegelt vom oberen Geschoss. Die Planer im Rathaus sehen stattdessen die gestalterische Lösung rechts am Leyensplatz positiv.

Foto: foto: stadt wesel

Mit der neuen Gestaltungssatzung ist die Zeit des wilden Durcheinanders in der City vorbei. Immobilienbesitzer verlieren manche Freiheiten, aber die Innenstadt wird schöner. Stadt stellte Pläne vor — die Resonanz war mager.

Bei den einen gehen rote Warnlampen an, wenn die Stadt mit einer Gestaltungssatzung die Freiheit der Immobilienbesitzer in der Innenstadt beschneidet. Bei anderen — etwa Ludwig Axt vom gleichnamigen Optikgeschäft an der Hohen Straße — herrscht Freude, dass Wesel dauerhaft schöner werden will. Das möchte er wiederum in der Präambel der im Dezember zur Ratsentscheidung anstehenden Satzung verzeichnet sehen.

Ob das Vorhaben, das die wild wuchernde, aber von vielen hübschen Details gekennzeichnete City, bei den Hausbesitzern Akzeptanz findet, ist unsicher. Denn zur Bürgerversammlung zur Gestaltungssatzung kam nur ein Häuflein Interessierter. Um das Projekt, das von einer Gestaltungsberatung im Rathaus und 140 000 Euro Fördergeld für Sanierungen (beides aus Landesmitteln) flankiert wird, voranzutreiben, muss also noch offensiv geworben werden.

Dabei geht es neben der Optik um viel Geld. Was heute pure freie Entscheidung der Gebäudebesitzer ist, wird ab Dezember durch gestalterische Zwänge und Vorgaben ersetzt, die teuer werden können. Das wiederum kommt nicht von heute auf morgen, sondern ist auf künftige Umbauten oder Sanierungen gemünzt. Für vorhandene Immobilien gilt Bestandsschutz.

Dort dürfen all die Dinge vorerst bleiben. Die Verwaltung nannte in einem auf den Punkt vorbereiteten Vortrag, was als gestalterisch unerwünscht eingestuft wird: Ladenzeilen im Erdgeschoss sollen architektonischen Bezug, etwa durch Säulen, zu den Obergeschossen erhalten und nicht wie heute von Werbeanlagen abgeriegelt wirken. Charakteristische Details — Simse, Natursteine — sollen bleiben, wobei energetische Dämmung das vorhandene Bild nicht zerstören soll.

Vorgesetzte Balkone und Loggien — nicht etwa die vielgelobten integrierten Terrassen in Obergeschossen — werden in der Fußgängerzone sowie Kreuz-/Korbmacherstraße künftig untersagt.

Möglich sind sie an den Hinterseiten der Häuser. Werbeanlagen, heute oft schrill und sich gegenseitig übertönend, werden in Größe und Farbigkeit begrenzt — und auf Bereiche direkt über den Läden. Ebenso wird den Zupflasterern von Schaufenstern die rote gestalterische Karte gezeigt. Soll heißen: bestimmte Klebeflächen-Anteile in Fenstern werden vorgeschrieben.

Das System hat auch Grenzen. Der "Mensing"-Schriftzug am Laden am Berliner Tor wird auch in schwindelnder Höhe akzeptiert, das bis in die oberen Geschosse architektonisch durchkomponierte Geschäft von Axt würde per Ausnahmeregelung akzeptiert. Obwohl eigentlich die Geschäftszone optisch mit dem Erdgeschoss enden wird.

In der Diskussion wurde klar, dass die Satzung verpflichtend für Eigentümer ist. "Aber erst bei baulichen Änderungen", betonte Michael Klessa von der Stadtentwicklung. Bauverein-Vorstand Anett Leuchtmann, sonst brav zurückhaltend, kritisierte offen: "Für den Bauverein wird's teurer. Ich hätte mir einen größeren räumlichen Geltungsbereich der Satzung gewünscht." Die Stadt lehnt das ab.

Eine Kritik konnte Bürgermeisterin Ulrike Westkamp nicht widerlegen. "Bessere Gestaltung finde ich gut, aber erst müssen wir mehr gegen Leerstände tun", sagte ein Teilnehmer mit Verweis auf die untere Fußgängerzone.

Diese Entwicklung werde sich verschärfen, so Westkamp, die heute die Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts vorstellen will. Die Ladenzahl werde sich trotz der gestiegenen Zentralitätskennziffer (Zustrom von Kunden aus dem Umfeld Wesels) bis zu 15 Prozent verringern — als Folge des wachsenden Interneteinkaufs. Das wiederum bewirkt, das Geschäfte vermehrt umgebaut werden.

(RP)
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