Wesel Eva Pankok: Eine Künstlerin wird 90

Wesel · Die Tochter von Otto Pankok feiert Geburtstag - zu diesem Anlass ist eine Retrospektive ausgerichtet worden.

 Aus Eva Pankoks leuchtenden Augen spricht menschliche Freude und ein tiefes humanes Gewissen.

Aus Eva Pankoks leuchtenden Augen spricht menschliche Freude und ein tiefes humanes Gewissen.

Foto: Malz

"Du bist Farbe" - so erinnert Eva Pankok, die Tochter des zeitlos gültigen Künstlers Otto Pankok, an die weise Vorausschau und kluge Begleitung ihres Vaters. Dieser malte selbst in Schwarz und Weiß mit unerschöpflich scheinenden Zwischenschattierungen, die im Bildbetrachter zwar sachorientierte, dennoch je eigene Farbvorstellungen hervorriefen. Ganz ohne einer öffentlich wirksamen Mode zu gehorchen. Nur dem eigenen Impuls verpflichtet, malte auch Evas Großmutter. Das nahm das sensible Kind auf ganz natürliche Weise in sich auf. Aber es verwandelte das im Schauen Erlebte in farbige Bilder. Und davon gibt es nun eine erstaunliche - eine beglückende - Auswahl im Otto-Pankok-Museum Haus Esselt zu sehen. Eva Pankok wird 90 Jahre alt.

Annette Burger, Mitglied des Vorstandes der Otto-Pankok-Stiftung und Evas geistesverwandte enge Freundin, richtet mit einem engagierten Team eine Retrospektive aus. Eva, verantwortungsvoll das Erbe der Familie hütend, nahm sich selbst bislang eher zurück. Ab Sonntag, 12. Juli, Eröffnung 11.30 Uhr, zeigt die Otto-Pankok-Gesellschaft so beseelt leuchtende wie kraftvoll zugreifende Anverwandlungen der Natur.

Erkennbar, nachvollziehbar: ja; dennoch keine Abbilder. Erlebt, erlitten ist das Wachsen, Blühen, Reifen der Pflanzen, die ebenso vielfältige Gesellschaft der Tiere und die auf die ursprüngliche Einfachheit der Schöpfung, auf die Wahrheit zurückgeforderte Menschheit. Quasi zweifach alles: Tochter Eva im Kontext mit ihrem Vater, jeder für sich als eigene, immer strebende Persönlichkeit, aber eins im Respekt vor allem Seienden. Das hat Eva gelernt allein im Aufwachsen in der Familie und unter guten Freunden, sehr oft gefährdet in der Zeit des Nationalsozialismus durch Berufsverbot der Eltern - Mutter Hulda Pankok schrieb als Journalistin gegen das herrschende Regime - Unterschlupf im bäuerlichen Emsland und in der Eifel, ohne die normalerweise gewünschten Bildungsinstitutionen einer Großstadt.

Eva erzählt, klar gegliedert, aber gleichsam musikalisch. Denn es blitzt schon mal ein Nebenmotiv auf, wird kurz durchgespielt, dann zurückgeführt auf die latent weiterentwickelte Hauptlinie. Völlig unprätentiös das alles, deswegen um so eindrücklicher die selbstverständliche sparsame Gestik der Hände und das bekennende Leuchten der Augen. Da spricht tiefe menschliche Freude und ein humanes Gewissen. Beide, Vater und Tochter nebeneinander, sind nun ausgestellt. "Wir haben chronologisch geforscht", berichtet Annette Burger. Es beginnt mit den Kinderbildern von Vater und Tochter, zu sehen auf der Empore des Museums. Evas Begabung wurde auch früh vom ersten Volksschullehrer erkannt. Evas Nachbarin in der Schulbank zeichnete gern Profile, partout indes mit zwei Augen. Eines davon wischte Eva wie nebenbei weg. Das bemerkte der Lehrer und beschützte unauffällig die realistischere Sichtweise der künstlerisch Begabten. Die wusste mit 16, dass sie Malerin werden wollte.

Die Familie Pankok überlebte den 2. Weltkrieg, mit ihr auch einige Juden, denen sie helfen konnte. Otto Pankok begann in Düsseldorf am Höherweg zu zeichnen und zu malen, vornehmlich Porträts der aus den Lagern zurückgekehrten Sinti und Roma. Seine Tochter teilte mit ihm dieses Leben, das zugleich ein wichtiger Teil ihrer künstlerischen Ausbildung wurde und ihrer humanen Prägung - der Liebe zur Schöpfung. Ihr Vater kämpfte für Anerkennung und Wiedergutmachung der Leiden der Sinti und Roma. Tochter Eva malte viele Porträts, besonders der Kinder in Aqua, Tempera, Gouache, Öl - in Farbe also.

"Von der Liebe zur Schöpfung" ist die neue Ausstellung überschrieben. Der Eröffnungstag ist nicht an Evas Geburtstag. Der ist am 14. Juli. Gefeiert wird dann im engsten Kreis.

(hb-)
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