Wahlprogramm vorgelegt Die Satire-Politik der Partei in Schermbeck

Schermbeck · Lokalpolitik und Satire – geht das zusammen? Ein Blick in das neue Wahlprogramm von Die Partei in Schermbeck, das subtil auch den etablierten Lokalpolitikbetrieb angreift. Alles nur spaßig gemeint?

 Ihre Absicht, dem Rechtsradikalismus in Schermbeck keine Chancen zu geben, stellten Mitglieder der Partei „Die Partei“ bereits einen Monat nach der Gründung im Oktober 2019 unter Beweis, als sie spontan die Gruppe „Aufstehen gegen Rassismus unterstützte“. Im Wahlprogramm verwenden sie dennoch NS-Terminologie.

Ihre Absicht, dem Rechtsradikalismus in Schermbeck keine Chancen zu geben, stellten Mitglieder der Partei „Die Partei“ bereits einen Monat nach der Gründung im Oktober 2019 unter Beweis, als sie spontan die Gruppe „Aufstehen gegen Rassismus unterstützte“. Im Wahlprogramm verwenden sie dennoch NS-Terminologie.

Foto: Helmut Scheffler (Archiv)

Es ist ein Parteiprogramm, das manche in Schermbeck mit Humor nehmen, einige Politiker aber auch verärgern wird. Die politische Gruppierung Die Partei hat jetzt ihre Agenda für Schermbeck vor der Kommunalwahl im September vorgelegt. Und gemäß ihres Anspruchs, Satire in die Politik zu bringen, findet sich auch mancher Klamauk im Programm, bisweilen grenzwertig mit Anspielungen auf dunkle Kapitel der deutschen Geschichte. „Wir verabscheuen Populismus – es sei denn, er dient unserer Machtergreifung“, heißt es in einer Passage. Der Begriff Machtergreifung ist in der Geschichtswissenschaft fest verbunden mit der Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenberg am 30. Januar 1933. Die Partei will den Begriff neu aufladen, reklamiert ihn in neuem Kontext für sich. Niemand wird den Akteuren ernsthaft vorwerfen wollen, rechtsextremes Gedankengut zu hegen. Man spielt aber mit Begriffen und versucht sich in ironischer Brechung. Satire ist eine hohe Kunst. Sie gelingt nicht immer.

Weiter heißt es im Parteiprogramm: „Wir sind keine standardisierten 08/15-Politiker, die durch Indoktrinierung geformt wurden – Wir sind Schermbecker aus Leidenschaft.“ Damit wird indirekt suggeriert, andere Politiker seien psychologisch beeinflusst – also indoktriniert – worden. Mancher in der Schermbecker Politik wird das als anmaßend empfinden, schüren solche Sätze doch Ressentiments gegen Lokalpolitiker, die gerade in extremen Kreisen im Trend sind.

Die Partei sucht Anbindung bei den jungen Wählern, besonders das Grünen-Lager bietet Anknüpfungspunkte. Grün mit Spaß – Bier statt Bionade. Das soll wohl die Botschaft sein. Das merkt, wer einige der Kernsätze des Programms studiert. „Wir repräsentieren den rationalen Widerstand in der extremen Mitte“, beschreibt sich der Ortsverband Schermbeck, der sich selbst als „sehr gute Partei“ bezeichnet und mit dem Slogan „Haltung, Humor, haben voll Bock auf Schermbeck“ in den Kommunalwahlkampf zieht. „Wir kämpfen für eine Welt frei von Vorurteilen bezüglich Hautfarbe, Religion, sozialer Herkunft und sexueller Identität.“

Formulierungen wie „Wir wollen dem Platzhirsch das Moos vom Horn kratzen“ für das Bemühen, eine absolute Mehrheit der CDU zu verhindern, zeugen von der Grundüberzeugung, dass man politisches Handeln auch durch die Brille eines Satirikers betrachten kann. Vorbild für „Die Partei“ ist der Bundesvorsitzende Martin Sonneborn, der als EU-Parlamentarier und Satiremagazin-Chef bei der Titanic oft Kompetenz in Sachen Satire bewiesen hat.

Dass hinter dem bei manchem zum Schmunzeln anregenden Sprachduktus das ernste Bemühen um die Lösung Schermbecker Probleme steht, machten die Gespräche beim vergangenen Stammtisch deutlich. Politik versteht „Die Partei“ nicht „als Recht der stärksten Fraktion, sondern als Einladung an alle Interessierten, die Gemeinde und unsere Zukunft mitzugestalten.“ Ein wichtiges Thema für „Die Partei“, die sich als „Zukunftsschmiede Schermbeck“ versteht, ist die Weichenstellung für die Mobilität der Zukunft. Man will eine Lösung für die Mittelstraße, „die den Bedürfnissen und Ansprüchen von Bürgern, Händlern und Politik Rechnung trägt.“ Hier soll sich im Ort was bewegen, da sind sich auch die anderen Parteien einig. Eine Zukunftswerkstatt mit Zehn-Punkte-Programm ist gerade gestartet. Bei den Wirtschaftswegen strebt Die Partei Verkehrslösungen an, „die speziell den Radverkehr auch innerstädtisch mehr berücksichtigen.“ Man fordert ein Wohnraumentwicklungskonzept, das bezahlbaren Wohnraum zum Ziel hat. „Auch Durchschnittsverdiener haben das Recht, in Schermbeck zu leben“, ist man sich einig. Wenn bereits Mitte des Monats kein Geld mehr „für Bier“ da sei, dann hätten auch die Gewerbetreibenden über kurz oder lang ein Problem.

Schermbeck fehlt eine zentrale Einrichtung für das lebenslange Lernen. „Ein modernes Bildungs- und Kulturzentrum mit Grund- und Volkshochschule ist ein erster, großer Schritt“, bekennt sich „Die Partei“ zu einer großzügigen Ausgestaltung von Bildungsbedingungen. „Eine logische Folge könnte eine Elite-Universität mit internationalem Campus-Flair sein.“

 Auch der Umweltschutz ist in der Programmatik verankert. „Wirtschaftlichkeit und Umweltschutz schließen sich hierbei nicht gegenseitig aus“, heißt es. Möglichkeiten einer CO2-neutralen Beheizung und Warmwassergewinnung sind für „Die Partei“ ebenso wichtig wie Brennstoffzellen, selbst produzierter Wasserstoff, Power-to-Gas, Erdwärme, Photovoltaik, sowie Blockheizkraftwerke und Wärmerückgewinnung.

Mitte Juli stellt „Die Partei“ ihre Kandidaten für die Kommunalwahl in Videobeiträgen vor. Das signalisierten die Vorstandsmitglieder am Sonntagabend während eines Stammtisches im Haus Mühlenbrock. Bei der Aufstellungsversammlung zeigte sich, dass „Die Partei“ personell in der Lage ist, Kandidaten für alle 13 Wahlbezirke zu benennen. „Nur Mitglieder der Partei treten in den Wahlbezirken an“, sagt der Schermbecker Vorsitzende Marc Overkämping.

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