Wesel Die Kunst des Zuhörens am Krankenbett

Wesel · 25 Jahre Besuchsdienst am Evangelischen Krankenhaus: Ehrenamtliche begleiten Patienten mit viel Einfühlungsvermögen.

"Man weiß nicht, was einen erwartet, wenn man in ein Krankenzimmer geht", sagt Pfarrerin Gesine Gawehn. Die Seelsorgerin am Evangelischen Krankenhaus weiß aber, dass immer Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl gefragt sind, wenn die Ehrenamtlichen des Besuchsdienstes Patienten aufsuchen. Seit mittlerweile 25 Jahren werden kranke Menschen in der Gesundheitseinrichtung an der Schermbecker Landstraße mit persönlicher Zuwendung und Aufmerksamkeit besucht. Manchmal steht Zuhören im Vordergrund, wenn es um Leidensgeschichten geht. Für manche bringen die Ehrenamtlichen einfach nur Abwechslung. Besuchsdienst klingt unspektakulär, aber die Ehrenamtler schaffen Nähe zum Patienten, beherrschen die Kunst des Zuhörens.

Als Gawehn 1990 ans Evangelische Krankenhaus kam, erkannte sie die Bedürfnisse und rief die Gruppe 1991 ins Leben. Tatkräftig wurde sie zu jener Zeit von Erika Meyer, Ute Maaß und Marlene Schröder unterstützt. Sie und alle, die hinzukamen, engagierten sich über viele Jahre. Ulrike Krieger ist seit 22 Jahren dabei und sozusagen Dienstälteste. "Kontinuität bei unserer Aufgabe ist gut, aber wir sind immer offen für Neues", sagt Gawehn. Jede Ehrenamtliche besucht einmal in der Woche eine Station. Nach einer kurzen Begrüßung gibt es ein Gesprächsangebot. Schnell erkennt man, ob der Besuch erwünscht oder in schwierigen Krankheitsfällen überhaupt möglich ist. Ablehnung ist die große Ausnahme.

Behutsam, auch tastend ist der Umgang. Die Besuchsdienstler treffen auf ganz unterschiedliche Menschen, sie müssen sich einstellen und das Feingefühl haben, den richtigen Ton zu treffen. Sensible Themen wie Sterben, Leiden, Tod und Trauer sind ständige Begleiter. Oder die persönliche Situation: Wer kümmert sich um die Kinder zu Hause oder den Partner, der selbst nicht gut zurecht ist? Es gibt auch die mutmachenden Erlebnisse. "Persönliche Gespräche ohne Zeitdruck führen zu können und einem Patienten ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, ist so schön", sagt eine der Ehrenamtlichen. "Es steckt so viel Herzlichkeit in den Besuchen, den Gesprächen und den kleinen Handreichungen", erzählt eine andere.

Doch man nimmt auch mit, was man über bewegende Schicksale erfährt oder über schwerwiegende Leidensgeschichten und Existenzängste. Solche Erfahrungen kann niemand alleine bewältigen. Deshalb ist es wichtig, sich bei den monatlichen Treffs unter Leitung Gawehns auszutauschen. Übungen, situationsgerecht zu kommunizieren, und Supervision runden die Treffen ab. Einmal im Jahr gibt es einen kompletten Tag der Fortbildung, bei dem spezielle Themen im Mittelpunkt stehen. "Aktuell ist es zum Beispiel die Sterbehilfe-Debatte, auf die wir von Patienten angesprochen werden. Es geht auch darum, welche Möglichkeiten wir als evangelisches Haus haben, um den Menschen zu helfen. Wir erfüllen so unseren alten diakonischen Auftrag", sagt Gawehn. Das passt zu einem christlichen Träger. Und ebenfalls, dass der Besuchsdienst sehr positiv wahrgenommen wird. Die Wertschätzung drückt sich auch darin aus, wenn im nächsten Jahr das Jubiläum mit einem Ausflug gefeiert wird, und Geschäftsführer Rainer Rabsahl dabeisein wird.

Vorher sind die Ehrenamtler in der Adventszeit gefordert. Wenn heute die Adventliche Abendstunde ansteht oder am 24. Dezember die Christvesper, helfen Besuchsdienstler, bettlägerige oder auf den Rollstuhl angewiesene Patienten in die Krankenhaus-Kapelle zu bringen. Der Pflegedienst könnte es allein nicht leisten. Das Besuchsteam besteht aus Dagmar Preuten, Erika Dicks, Ulrike Schweiger-Lewin, Gesine Gawehn, Christine Krüger, Traute Löw-Waffenschmidt, Ulrike Krieger, Elfriede Mrowietz, Klaus Überbach, Kati Breidenbach und Gerda Schwarz. Es freut sich über Verstärkung. Infos gibt Pfarrerin Gawehn unter Tel. 0281 1062913.

(RP)
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