Wesel Die Heilige und die Heilkraft der Kräuter

Wesel · Historischer Abend: Hansegilde erinnert an Hildegard von Bingen mit lebendiger Information und einem Süppchen.

 Historischer Abend in der Kasematte über Hildegard von Bingen: Ludwig Maritzen (r.), Sekretär der Hansegilde, las aus Texten über Hildegard. Nach der Information gab's ein leckeres Kräutersüppchen und ein Gläschen Wein.

Historischer Abend in der Kasematte über Hildegard von Bingen: Ludwig Maritzen (r.), Sekretär der Hansegilde, las aus Texten über Hildegard. Nach der Information gab's ein leckeres Kräutersüppchen und ein Gläschen Wein.

Foto: Jürgen Bosmann

Das kräftig gelbe Quittenmus, das es im Zitadellenhaupttor zu kosten gab, war etwas Besonderes, bittersüß und frisch, es lohnte, davon zu kosten. Hildegard von Bingen, um die es an dem Abend ging, hätte ihre helle Freude daran gehabt. Diese emanzipierte, kluge Adelsfrau, Prophetin und Politikerin des Mittelalters liebte Kräuter und Pflanzen. Damit zog sie gegen allerlei Gebrechen zu Felde. Quitte, regelmäßig genossen, steht im Ruf, gegen Rheuma zu helfen. Bereits Hippokrates, der große Arzt der Antike, lobte diese Wirkung. Lydia Bückmann hatte im Auftrag der Hansegilde eine Auswahl aus damals gängigen Pflanzen wie Ringelblume, Wermut, Arnika oder Spitzwegerich getroffen: Gargant und Bertram allerdings sind aus heutigen Kochbüchern verschwunden, die versuchte sie vergeblich aufzutreiben.

Das Besondere an Hildegard v. Bingen (1098-1179) war die Verbindung von Spiritualität, medizinischer Wissenschaft und Musik. Sie war eine Universalgelehrte. Papst Benedikt XVI. hat sie vor zwei Jahren heilig gesprochen.

40 Gäste waren zur Zitadelle gekommen, um sich in der zum "klösterlichen Refektorium" mutierten Kasematte ins Mittelalter entführen zu lassen. 40 sollten es sein, mehr Nonnen durften nicht im Kloster wohnen. Das alte Tonnengewölbe gab einen wunderbaren Rahmen ab für die einleitenden mystischen Klänge. Es gab auch ein Mahl, Brot und ein schmackhaftes Kräutersüppchen, das es authentisch mit dem Holzlöffel aus einer Schale zu speisen galt. Szenische Darstellungen im Nonnenhabit sowie Berichte aus jener Zeit, auf Wachstafeln vom Mönch Volmar niedergeschrieben, wirkten informativ.

Nonnen und Mönche, gespielt von der Hansegilde, übernahmen die Bedienung. Ludwig Maritzen, Sekretär der Hansegilde, trug aus themenspezifischen Texten vor. Das Prinzip "ein Zehnter an Gott" wurde für Hildegard schicksalsweisend. Als zehntes Kind der adligen Familie von Hosenbach war ihr bestimmt, ins Kloster zu gehen. Später leitete sie das Kloster Rupertsberg bei Bingen. In ihrer Autobiografie berichtet Hildegard von Visionen ab dem dritten Lebensjahr. Ihr Leben sei ein einziges Loblied auf die Freude gewesen. Ihre Visionen sind teils in den "Scivias" niedergelegt. Sie habe sich wie von einer Flamme erleuchtet gefühlt, spricht vom lebendigen Licht. Außen vor blieben Stimmen, die die Visionen mit Migräneanfällen erklären. Auch in Wesel gab es zu der Zeit sechs Klöster, so Ludwig Maritzen. 20 Prozent der Bevölkerung lebten damals bei der Kirche. Nach so vielen Informationen dampfte es lustig aus den Suppentöpfen, und ein Gläschen Wein machte die Erbauung für Leib und Seele komplett.

Am nächsten Freitag, 19 Uhr, geht es um Hildegard und die Musik. Einige Mitglieder des Collegium vocale sind beteiligt.

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