Wie Geht's, Wesel? Der Wähler, das unbekannte Wesen

Wesel · Wahlausgänge sind unvorhersehbarer geworden. In Wesel wird mit Spannung erwartet, wer in der Gunst der Wähler am besten abschneidet: der städtisch orientierte SPD-Mann mit Amtsbonus oder die junge CDU-Herausforderin mit einem frischen "Wahlkampf vom Lande"?

Wer sich in den vergangenen Tagen mit Politikern im Kreis Wesel unterhielt und um eine Einschätzung des Wahlausgangs bat, der konnte Erstaunliches erleben. Jene, die sich sonst demonstrativ siegesgewiss geben, übten sich plötzlich in Zurückhaltung. Wesels Bürgermeisterin Ulrike Westkamp etwa -Parteibuch: SPD - sagte gestern, dass sie in früheren Jahren stets ein Bauchgefühl gehabt habe, nun aber nicht ahne, wie sich der Wähler da draußen entscheidet. Diese Zurückhaltung mag der Tatsache ständig schwankender Umfrageergebnisse ihrer Sozialdemokraten geschuldet sein: Schulz-Effekt hin, Kiel-Wahl her. Sie ist aber auch Zeichen einer neuen Demut: Der Wähler ist undurchschaubarer geworden.

Wer in seinem privaten Umfeld in den vergangenen Tagen Menschen fragte, was sie denn wählen, der hörte häufig noch: "Ich weiß es noch nicht." Zu einem darf diese Unsicherheit nicht führen: nicht wählen zu gehen. Es wäre die falscheste Entscheidung für unser Land. Als "Festtage für die Demokratie" werden Wahlen gerne bezeichnet. Diesmal gilt: Die Party im Wahllokal sollte an diesem Festtag jeder Wahlberechtigte besuchen. Im Jahr 2012 lag die Wahlbeteiligung im Wahlkreis 58 bei 62,4 Prozent. Da geht mehr!

Was wählen wir am Sonntag?

Die Wähler entscheiden mit der Zweitstimme darüber, welche Partei NRW voranbringen soll. Sind sie zufrieden mit der Arbeit von Rot-Grün? Stimmt die Bilanz bei Themen wie Innere Sicherheit, Wirtschaftskraft, Verkehrsinfrastruktur, Bildung? Und traut man es anderen Parteien mehr zu, diese Baustellen zu beheben? Im Kern ein "Weiter so", weil NRW auf einem guten Weg ist? Oder im Kern ein "Jetzt anders", weil die Landesregierung Chancen, die das bevölkerungsreichste Bundesland bietet, nicht nutzt? Jede einzelne Stimme zählt diesmal auch deshalb noch mehr, weil plumpen Parolen der Extremparteien mehr zu verfangen scheinen.

Mit der Erststimme wiederum entscheiden die Wähler darüber, welcher Politiker sie in Düsseldorf vertreten soll. Auch diese Stimme ist wichtig: Ein Direktkandidat im Landtag ist für die Parteien auch deshalb von Bedeutung, weil der Abgeordnete eine starke Lobbyarbeit für seinen Wahlkreis machen kann. Er kann schneller Kontakte zu Ministerien herstellen; im Zweifel gelangen Fördergelder immer schneller in eine Kommune, wenn der lokale Abgeordnete in Düsseldorf kräftig trommelt. Im Wahlkreis Wesel 58 scheinen zwei unterschiedliche Modelle miteinander zu konkurrieren: Hier der Politfuchs Norbert Meesters (SPD), der mit dem Bonus der bekannten Marke zu punkten versuchte. Wesel hat sich in den vergangenen Jahren positiv entwickelt, auch mit Unterstützung der von ihm vertretenen Landespolitik. Dort die CDU-Herausforderin Charlotte Quik, die mit einer neuen Form von Wahlkampf für Aufsehen gesorgt hat: In den sozialen Netzwerken trat die 34-Jährige als junge Mutter vom Land auf, charmant in der Ansprache. Auffällig war die Unterstützung, die sie auch von hochrangigen Bundespolitikern erhielt. Sie wird in den kleinen Gemeinden punkten können.

Auch wir sind zurückhaltend, was den Wahlausgang betrifft. Stichwort: Unsicherheit. Eines scheint aber gesichert: Spannend wird es.

(RP)
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