Schermbeck Der Mensch verkümmert zur Ware

Schermbeck · In die wunderbar weichgespülte Welt eines Lebensmittel-Supermarktes entführte der Projektkurs der Q2 der Gesamtschule am Freitag- und Samstagabend jeweils etwa 200 Zuhörer.

 Verrückte Verkaufswelt: Kassierer (Maren Bergermann, l.) erklärte einer Frau am Kaffeekannen-Stand (Nele König, r.), warum eine Kanne im Wert von 39,90 Euro durch die Umbenennung plötzlich 990. 000 Euro kostet.

Verrückte Verkaufswelt: Kassierer (Maren Bergermann, l.) erklärte einer Frau am Kaffeekannen-Stand (Nele König, r.), warum eine Kanne im Wert von 39,90 Euro durch die Umbenennung plötzlich 990. 000 Euro kostet.

Foto: Foto Scheffler

"Es war ein totales Vergnügen", bescheinigte Christian Völtz dem Team, zu dem neben den Schauspielern Maren Bergermann, Tom Wiegel, Hendrik Paul, Sean Schidelko, Silvan Lippach, Pauline Schulze, Nele König, Nele Ebbing, Nadine Sonntag, Gina Kleinespel, Lara Berger, Friederike Raupach, Felix Hornemann, Elisa Henzel, Dominik Schleich, Charlotte Heinrichs, Celine Gerner, Brit Müller, Juliane Timmermann und den beiden Regieassistenten Lina Knufmann und Sophie Ritter viele Helfer gehörten. Sie waren Werber, Maskenbildner, Kostümgestalter, Bühnenbauer, Licht- und Tontechniker oder auch Caterer.

Bereits vor Beginn der Aufführung beteiligten sich zahlreiche Besucher an einer Fragebogenaktion. Die Zuschauer sollten sagen, was sie reklamieren würden, wäre ihr Leben ein Supermarkt. Was wäre reduziert, was wäre der teuerste Artikel, was wäre am schnellsten ausverkauft und was wäre schon abgelaufen? So ging es dann auch um eine Kette von skurrilen Sinnfragen. Schrill und manchmal extrem komisch traten ganz unterschiedliche Menschentypen auf, um ein Zerrbild des Kaufrausches zu zeichnen. Das Warenhaus im "Hysterikon" war aber weit mehr als ein Zentrum zur Versorgung mit Gütern. Neben Tomaten lagerten Karrieren zwischen Intrigen und Verrat, indische Räucherstäbchen neben Menopausen, Träumen, Ehrlichkeit und Würde. Und bezahlt wurde nicht nur mit Geld, sondern auch mit Abbuchungen auf einer LifeCard.

Da begegnete man einem Mann, der Schwefelsäure, Draht und eine Eisenstange kaufte, um wie selbstverständlich Menschen umzubringen; man sah den Herren, der beim Lesen von Nachrichten am Zeitungsstand so hysterisch reagierte, dass er in der Folge immer wieder einen Psychiater anrufen musste.

Die Szenen-Collagen stimmten den Besucher nachdenklich. Da war ein einander ankeifendes Ehepaar, eine Menschenkette an der Kasse, in der jeder rücksichtslos nur das eigene Interesse verfolgte, da war die "Frau in Gucci" oder das Gespräch des Verkäufers mit einer Kundin über den Wertanstieg einer ganz gewöhnlichen Kaffeekanne durch die schlichte Verleihung des Namens "Ferrari-Kanne".

Irgendwie verbarg sich hinter der witzigen Typisierung ein gehörige Stück menschlicher Tragik, die von den Q2-Schauspielern großartig transportiert wurde.

(RP)
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