Wesel Der Kniefall einer Kanone

Wesel · Schweres Geschütz: 2,5-Tonnen-Kanone an der Zitadelle hat ihr morsches Untergestell zerbröselt, wird heute vom ASG abgeräumt. Verzwickt ist, dass die Leihgabe aus den Niederlanden eigentlich öffentlich sichtbar sein muss.

Heiliges Kanonenrohr: Auch gut 200 Jahre nach ihrem Guss schreiben Geschütze Geschichte(n). Der städtische Betrieb ASG lässt heute Morgen per Autokran eine 2,5 Tonnen schwere Kanone von 1815 vom Festungswall an der Zitadelle heben. Aus Sicherheitsgründen. Die Lafette, das hölzerne Untergestell, hat unter dem Gewicht der niederländischen Artilleriewaffe nachgegeben. Kurz: Die Kanone ist in die Knie gegangen. Wie Jürgen Becks vom Kulturamt gestern sagte, wird das Rohr zunächst in der nahen Kasematte eingelagert: "Wenn wir wieder Geld haben, bauen wir da wieder was Vernünftiges hin."

"30 000 bis 40 000 Euro"

Geld hat offenbar schon beim Aufbau gefehlt. "Eiche war zu teuer. Es wurde normales Bauholz genommen", sagte Josef Vogt. Der pensionierte Ingenieur, seinerzeit im Weseler Hochbauamt für die Sanierung der Zitadelle zuständig und seit Oktober Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung, (DGF) schätzt, dass eine Eichen-Lafette "wohl 30 000 bis 40 000 Euro" kosten würde. Es müssten erst Gespräche mit der Stadt geführt werden. Es sei die Frage, ob auch ein anderer Unterbau möglich ist.

Vertraglich ist die Lage zwischen Stadt, DGF und Preußen-Museum offenbar verzwickt. Denn bei dieser Kanone sowie jenen zwei größeren, die auf dem Vorplatz des Haupttorgebäudes stehen, handelt es sich um niederländische Leihgaben mit der Auflage, dass sie öffentlich sichtbar sein müssen. Laut Volkmar Braun, einst ebenfalls in der DGF aktiv, gab es unlängst einen Kontrollbesuch niederländischer Offiziere. Die hätten die Aufstellung der 3,5-Tonnen-Geschütze (1807/1809) auf dem Vorplatz begeistert gelobt. Der Gang auf den Wall habe dann aber den Schaden offenbart: "Gefährlich für spielende Kinder."

Der Weseler Braun selbst hatte die Kanonen einst beim Paddeln auf einem Kanal im Nachbarland entdeckt. 180 Stück dienten, aufrecht stehend eingegraben, der Marine als Poller zum Festmachen von Schiffen. Drei Stück fanden schließlich den Weg nach Wesel. Als später Dank dafür, dass die Weseler Mölder-Brüder und Rohleer 1629 den Niederländern unter van Gent den Weg in die von den Spaniern besetzte Stadt gezeigt haben. Aber das ist eine ganz andere Geschichte . . .

(RP)
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