Wesel Chorfestival der 1000 Stimmen

Wesel · Über 30 Chöre auf dem Marktplatz in Obrighoven sorgten gestern für ein einmaliges Klangerlebnis. Viele Chöre zeigten Mut, musikalisch neue Wege zu gehen, um so auch Nachwuchs zu interessieren. Doch auch klassisches Liedgut behauptet weiter seinen Platz.

Der Obrighovener Marktplatz wurde am Sonntag zum Spielfeld der Chöre, die sich dort einen ganz und gar unkriegerischen, äußerst harmonischen Sängerstreit lieferten. Weggefegt waren die dunklen Wolken, die vor Monaten den Sängerkreis überschattet hatten.

Die Verantwortlichen richteten mit Elan das Spektakel mit rund 1000 Aktiven aus — allen voran Vorsitzende Erika Dicks, die eine Nachtwache hinter sich hatte, um auf die opulente Technik, die dem Tag eine ausgezeichnete Akustik bescheren würde, aufzupassen. Allen Warnrufen der Wetterfrösche zum Trotz hatte sich zum Glück der nächtliche Regen verzogen.

Unterm riesigen Fallschirm

Zur Begrüßung des Publikums, das es sich auf Bänken unter einem riesigen Fallschirm gemütlich gemacht hatte, trat als Lokalmatador der MGV Obrighoven an, der sich mit dem MGV Harmonie Drevenack verbündete. Im Wechsel folgten 32 weitere Chöre, die sich gegenseitig mit ihrer Singfreude ansteckten. Ensembles von Emmerich bis Voerde, vom linken Niederrhein bis nach Westfalen hinein reisten an.

Eine bunte Mischung von Frauen-, Männer-, Kinder- und Jugendgruppen bevölkerten die Bühne. Spätestens beim Frauenchor "bella musica" aus Schermbeck, der in kessen Rot- und Schwarz-Tönen auftrat und moderne Muntermacher wie "Reality" oder "Butterfly" im Gepäck hatte, hatten sich alle Gäste warm geklatscht.

Zur Kaffeezeit trafen auch externe Besucher ein, für die eigens von den Sängerfrauen 75 Torten gebacken worden waren. Hin und wieder überraschte ein Chor durch komplett neue Ausrichtung, bei der die gute, alte Männerchorliteratur den Charts weichen musste. Der Männerchor Mehrhoog erntete für den Mut, mit "Männer" und "Sister Act" mal Neues zu wagen, Applaus.

Eine Tendenz, die Schule macht. Abba, Grönemeyer und Udo Jürgens liefern guten Stoff für peppige Arrangements. Weg von wehenden Fahnen und altem Patriotismus wollen Chöre heute begeistern. Doch oft gehörte Lieder wie "Wandern am Rhein" oder "Auf grünen Wanderwegen" hatten ihren Platz im Programm.

Beliebte Shantys luden zum Schunkeln. Neue Chorleiter wurden begrüßt wie Christoph Soyker oder Thomas Janßen. Herbie Hofacker, der durchs Programm führte, polarisierte zwischendurch mal mit einem frechen Scherz: "Dirigent Michael Hartel von bella musica soll Schalke-Fan sein!" Rechts Jubel, links Buhs — Spaß muss sein unter Sängern.

(age)
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