Wesel Chance im verschlafenen Hafen

Wesel · Schiene (Betuwe) – Wasser (Häfen und Rhein) – Straße (Umgehungen und Brücke): Kontroverse Debatte beim Bürgertreff um aktuelle Verkehrsthemen. Vor Ort wirkt oft problematisch, was gesamtgesellschaftlich gewollt ist.

Volkswirt Werner Kühlkamp-Winkelmann ist seit langem bei der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Fachmann für Logistik- und Verkehrsthemen. Er kennt sich nicht nur bis in die Details aus, er ist auch ein nüchterner Fachmann, der ökonomisch denkt und gesellschaftlich analysiert. Beim Bürgertreff sorgte er nicht nur für unaufgeregte Informationen, sondern ordnete sie auch in stets jahrzehntelange Verfahren für neue Straßen oder Ansiedlungen ein – und erntete prompt Widerspruch. Denn: "Wo bleibt der Mensch?", mahnte Dr. Hans-Josef Hackstein (SPD) Verträglichkeit an, etwa bei der Umgehungsstraße in Büderich. Auch Betuwelinie-Anwohner forderten rücksichtsvolle Verkehrsplanung. Dies sei ein bundesweites Problem, rückte Kühlkamp die Debatte in den übergeordneten Zusammenhang, weil wirtschaftliches Wachstum und logistische Ansprüche gesellschaftliche Übereinkunft seien. "Und das bedeutet mehr Verkehr, und mehr Verkehr bedeutet mehr Belastung", so der IHK-Experte.

Das Machbare und der Protest

In diesem Konfliktfeld kämpfen vor Ort die, die mit Verkehrsprojekten wie Betuwe oder Südumgehung konfrontiert sind.

Thema Betuwe: "Wir haben als IHK versucht, alles für die Anwohner herauszuholen", bekräftigte der IHK-Mann, musste sich dennoch Kritik an Blockverdichtung der Züge und den Streckenausbau mitten durch Wesel erwehren. Er riet dringend ab, die Alternativroute an der A 3 zu fordern. "15 Jahre Debatte würden so in die Tonne gekloppt", urteilte er rustikal und forderte, für "das Machbare" an der bestehenden Strecke zu kämpfen.

Umgehungen, B 70, B 8: Kühlkamp sprach sich für den Ausbau der B 8 nach Voerde/Dinslaken aus, das sei dringend – ebenso eine neue A 3-Auffahrt von der B 70 her. Kommunen müssten sich einig sein, um Förderung zu bekommen. Die Umgehung auch durch den Fusternberg sei nötig: "Durch die neue Brücke verschieben wir bisher nur den Stau nach Wesel."

Häfen: "Wohnen am Wasser – schön. Aber wir brauchen dringend Hafenflächen." Duisburg sei ausgebucht, der Lippemündungsraum und die hiesigen "verschlafenen Häfen" – auch Wesels Stadthafen – wichtig. Er riet dringend, auf den Häfen-Masterplan Mitte 2010 zu warten und sich nicht vorher festzulegen. Die Ampel in Wesel hat's schon getan. Die vielen Liberalen im Bürgertreff blieben da stumm.

(RP)
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