Analyse Landtagswahl 2017 CDU wittert in Wesel Morgenluft

Wesel · Nach der Wahl ist vor der Wahl: Nach Düsseldorf blicken die Parteien bereits auf Berlin und teils auch schon wieder auf die eigene Stadt. Mit dem Blick in die Detailergebnisse tanken Christdemokraten Selbstbewusstsein, die SPD schnauft durch.

Wesel Den Wahltag durchzustehen, ist eine Sache. Die Ergebnisse aufzuarbeiten, ist eine andere. Spezialisten und Strategen werden damit noch eine ganze Weile zu tun haben. Dabei dient das Nachkarten gleich dem Blick nach vorn. Was hat wo zu Gewinnen oder Verlusten geführt? Was leiten wir daraus mit Konzentration auf die Zweitstimmen für die nächsten Wahlen ab? Das ist für Wesel nicht so leicht zu beantworten und vielleicht gerade deshalb auch so interessant.

Landtagswahl 2017 NRW: Lange Gesichter bei SPD-Wahlparty mit Hannelore Kraft
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Enttäuschung bei der SPD und Hannelore Kraft

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Foto: dpa, pgr

Die Ausgangslage Vor fünf Jahren fuhr die SPD bei der Landtagswahl im Stadtgebiet mit 42,7 Prozent der Zweitstimmen ein prima Ergebnis ein. Die CDU brachte es auf enttäuschende 25,7 Prozent. Fast die Waage hielten sich die Grünen mit 8,9 und die FDP mit 8,2 Prozent, dicht gefolgt von den Piraten mit 7,9. Mit 2,9 mussten sich die Linken zufriedne geben, die AfD war gar nicht am Start.

Das neue Kräfteverhältnis Seit Sonntagabend sieht es anders aus. Die SPD hat deutlich Federn gelassen, liegt mit 34,3 Prozent aber immer noch vor der CDU, die auf 31,7 Prozent kletterte. Während die Grünen auf schwache 5,3 Prozent absackten, legte die FDP auf 12,2 Prozent zu. Die Piraten sind mit 1,1 Prozent (321 Stimmen) fast nicht mehr da, während die Linken 4,9 und die AfD aus dem Stand 7,1 Prozent einfuhren.

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Die Interpretationen Noch ganz berauscht vom Sieg seiner Kandidatin Charlotte Quik stellt CDU-Parteichef Sebastian Hense fest, dass diese den Rückstand von 3600 Erststimmen, den Norbert Neß 2012 auf Norbert Meesters (SPD) hatte, nun auf 500 reduzieren konnte. Auch bei den Zweitstimmen wittert die CDU in Wesel Morgenluft. 2012 hatten die Genossen noch gut 4600 Stimmen mehr eingefangen. Jetzt liegen Quik und Co. nur noch 781 Stimmen zurück.

Ludger Hovest, Partei- und Fraktionschef in Wesel, sieht das "mit einem lachenden und einem weinenden Auge". Es sei ein schwacher Trost, stärkste Kraft geblieben zu sein und weniger Verluste verbuchen zu müssen als die SPD auf Landesebene.

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Foto: Bernd Wüstneck

Sebastian Hense verortet die Stärken der CDU da, wo sie ohnehin stark ist. Und in den Hochburgen der SPD werde deren Vorsprung knapper. Bis zur Bundestagswahl will die Union sich weiter verbessern.

Der Blick auf die Mehrheitenkarte Aus der Vogelschau bietet die politische Farbenlehre wenig Überraschungen. Schwarze Flächen säumen einen roten Kern. Die CDU hat die Wahlbezirke 1, 4, 21,22, 23, 24 und 25 gewonnen. Das sind Bislich/Diersfordt, Blumenkamp, Lackhausen, Lauerhaas, Buttendick, Büderich und Ginderich. Also die vorwiegend ländlich geprägten Ortsteile. In den übrigen, eher urbanen Gebieten dominiert weiter die SPD, wobei SPD-Mann Hovest es positiv vermerkt, in Flüren vorn geblieben zu sein.

Die Besonderheiten Zu den Überraschungen des Wahlsonntags gehörte das in der Höhe unerwartet gute Abschneiden der FDP. Sie schaffte im Wahlbezirk 23 (Buttendick)beinahe ein Ergebnis, das Guido Westerwelle einst legendär als Zielmarke ausgegeben hatte: Mit 17,16 wurden die ominösen 18 Prozent nur knapp verfehlt. Ob's daran lag, dass hier Bernd Reuther wohnt? Der Liberale hatte jedenfalls allen Grund zur Zufriedenheit. "Wir freuen uns natürlich wie Bolle", sagte der Parteichef der FDP in Wesel am Sonntagabend und warf gleichfalls den Blick voraus auf den Herbst. Schließlich will die FDP wieder in den Bundestag einziehen. Und Reuther ist ihr Kandidat im Bundestagswahlkreis Wesel I (Wahlkreis 113).

Die Abgestraften Dass Bemühungen vor Ort kaum etwas gegen einen Landestrend ausrichten können, lässt sich auch an den Zahlen für die Weseler Grünen ablesen. Die Wähler haben sie für ihr Regierungsagieren sozusagen in Sippenhaft genommen. Schlechter als auf Landesebene schnitten sie in der Hansestadt ab, verbuchten ihr bestes Ergebnis mit 7,8 Prozent in der Feldmark und ihr schwächstes mit 4,1 im einzigen rheinübergreifenden Wahlkreis 18 mit den Wahllokalen Erich-Kästner-Schule rechts und Polderdorfschule Büderich links des Stroms.

Die Extremen Einen deutlichen Zugewinn von 2,9 auf 4,9 Prozent verbuchten die Linken. Sie holten in der Böhlschule mit 9 Prozent ihren Topwert, mit 2,9 am Buttendick den miesesten. Dass die AfD ohne großes eigenes Zutun in Wesel auf Anhieb 2110 Stimmen einsammelte und mit 7,1 Prozent Grüne und Linke hinter sich ließ, spricht für sich und dürfte allen anderen Kräften Warnung genug sein.

(RP)
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