In der Niederrheinhalle CDU Wesel startet den Europawahlkampf

Wesel · Der Europaabend mit Niederrhein-Kandidat Stefan Berger zeigte: Der Weg für die CDU wird mühsam.

 Stefan Berger: „Europa ist in den großen Themen klein und in den kleinen Themen groß.“   Foto: CDU

Stefan Berger: „Europa ist in den großen Themen klein und in den kleinen Themen groß.“ Foto: CDU

Foto: CDU

Ein großer Europaabend sollte es werden, Lust auf den anstehenden Wahlkampf sollte geweckt werden. Wer am Montagabend die Veranstaltung des niederrheinischen CDU-Kandidaten Stefan Berger in Wesel besuchte, der spürte: Dieser Wahlkampf wird kein leichter sein. Es wurde an diesem Abend noch kein Feuer für dieses Generationenprojekt Europa entfacht. Stattdessen kam oft zur Sprache, an was es Europa alles mangelt.

Der Termin war ein schwieriger: Montagabend in den Osterferien. Dafür war die Veranstaltung im Parkettsaal der Niederrheinhalle dann doch erstaunlich gut besucht. Viele CDU-Mitglieder waren gekommen, vereinzelt auch Nichtmitglieder. Der Weseler CDU-Parteichef Sebastian Hense versuchte seine Mitglieder auf den anstehenden Wahlkampf einzustimmen. „Wir müssen uns für den europäischen Gedanken noch mehr ins Zeug legen“, sagte er gleich zu Beginn. „Ich möchte nicht, dass der Anteil derjenigen steigt, die rechtes Gedankengut propagieren.“ Die EU solle stärker werden, nicht schwächer, forderte er. Das genau aber war der Punkt, an dem sich eine spätere Debatte entzündete.

Der Europakandidat Stefan Berger präsentierte sich kenntnisreich, betonte stets die größeren Zusammenhänge, setzte bei seinen Antworten selten auf plakative Lösungen, sondern machte die Komplexität der Europapolitik deutlich. Der 49-Jährige (“Ich bin noch in einem zukunftsfähigen Alter“) kommt aus Schwalmtal im Kreis Viersen, ist verheiratet und hat eine viereinhalbjährige Tochter. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler hat einen Lehrauftrag in europäischer Wirtschaftspolitik, ist seit 20 Jahren kommunalpolitisch aktiv und im Landtag. „Das Thema Europa liegt mir am Herzen“, sagte Berger.

Hängen bleibt besonders jene Kritik, die Berger mehrfach wiederholte. „Europa ist in den großen Themen klein und in den kleinen Themen groß.“ Die implizite Botschaft: Statt um die Krümmungsgrade von Schlangengurken solle sich die EU um eine gemeinsame Außen- und Verteidigungspolitik kümmern. Berger wiederholte auch mehrfach, dass Europa nur noch sieben Prozent der Weltbevölkerung stelle, aber Afrika jeden Tag um eine Million Menschen wachse. Bergers Antwort: Die Grenzen müssten sicherer werden. Und den Menschen in Afrika müsse deutlich gemacht werden, dass sie, so Berger, im „reichsten Kontinent“ leben. Um den Reichtum Europas selbst sei es perspektivisch wahrscheinlich nicht zum Besten bestellt, meinte er. Wenn es zum Austritt Großbritanniens aus der EU komme, wäre dies eine „Katastrophe“. Wirtschaftlich wäre dies gleichbedeutend mit dem Austritt der 17 kleinsten EU-Staaten, rechnete Berger vor. Seine Antwort: Den Briten lange genug die Türen offenhalten, auch wenn es schwerfällt. „Europa ist mit Großbritannien stärker als ohne Großbritannien.“ Defizite erkannte er zudem in der Agrarpolitik. Die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe am Niederrhein müssten von der EU mehr gefördert werden. „Die landwirtschaftlichen Flächen müssen in der Hand der Familien sein“, forderte er. „Wir dürfen kein Spielball der global agierenden Konzerne werden.“ Das war einer der wenigen Applaus-Sätze an diesem Abend.

In der anschließenden Fragerunde offenbarte sich dann doch erstaunliches. Das Publikum sprach deutlich euphorischer von der EU als der Bewerber selbst. Zwar gab es eine kritische Stimme, dass die EU-Flüchtlingspolitik nicht funktioniere, weil sich die Oststaaten dem widersetzten. Vehementer waren dann aber die Verteidiger der EU als großem Friedensprojekt. Max Trapp etwa verwies darauf, dass auch die Polen Integrationsleistungen vollbringen, indem sie Ukrainer aufnehmen. Thomas Radtke aus Flüren machte darauf aufmerksam, dass es auch in den Familien des Publikums viele Weltkriegs-Flüchtlingsbiografien gebe. Und Helmut Conrads schilderte durchaus mitreißend, wie sehr ihn noch immer die gemeinsame Währung Euro und die freie Fahrt in die Niederlande begeistere. Am Ende also doch noch ein Gefühl von Aufbruchsstimmung.

(sep)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort