Hamminkeln CDU denkt an "Gestaltungsmehrheit"

Hamminkeln · Die Partei-Strategen ziehen ihre Schlüsse aus dem Wahlergebnis: USD und Grüne lehnen Rolle als Mehrheitsbeschaffer der CDU ab. Auch SPD ist für wechselnde Mehrheiten. Spannende Frage: Wer wird neuer Fraktionschef der CDU?

 Die FDP - hier Silke Westerhoff, Bernfried Schneiders, Elke Neuenhoff und Felix Jansen (v.l.) - schauten mit bangen Blicken auf die Ergebnistafel.

Die FDP - hier Silke Westerhoff, Bernfried Schneiders, Elke Neuenhoff und Felix Jansen (v.l.) - schauten mit bangen Blicken auf die Ergebnistafel.

Foto: Stoffel

Die Wahlschlacht ist geschlagen, die Parteien haben begonnen, ihre Plakate einzusammeln, und die Strategen richten ihr Augenmerk darauf, ihre Schlüsse aus dem Wort der Wähler zu ziehen. Die CDU ist weiter stärkste Kraft, hat aber einen Sitz verloren. Es fehlen drei Stimmen an der Mehrheit. Heute Abend trifft sich der Parteivorstand mit den Kandidaten, das Abschneiden (44,9 Prozent) zu lesen. Parteivorsitzender Norbert Neß wird dann auch den Gedanken vortragen, einen verlässlichen Partner auszuloten, mit dem die eigenen Vorstellungen am ehesten umsetzbar sind. Er halte viel davon, eine "Gestaltungsmehrheit" hinzukriegen und "nicht einfach nur abzuwarten, was denn jeweils kommt".

So hatte die CDU zuletzt in der Gesamtschulfrage am "Küchenblock" von SPD, FDP, Grüne und USD schwer zu verdauen. In der Debatte über die Bebauung auf dem alten Sportplatz hat die CDU im Wahlkampf die Nähe zu den Grünen gesucht, um einen Verbrauchermarkt abzuwehren. Ob diese Position hält, wird eine spannende Frage bleiben. Neß will eine erneute Debatte nicht zum Tabu erklären. Als "Mehrheitsbeschaffer für die CDU" stehen die Grünen allerdings "nicht zur Verfügung", sagte gestern Johannes Flaswinkel. Die Nummer eins der Partei möchte auch die nächsten sechs Jahre gern wieder das Wort führen.

Am Wahlabend sahen aufmerksame Beobachter CDU-Chef Neß im intensiven Gedankenaustausch mit FDP-Vordenkerin Silke Westerhoff, die trotz Enttäuschung über die eigenen Verluste (minus 4,2 Prozent) bereits kämpferisch nach vorn schaute: "Nach der Wahl ist vor der Wahl." Die drei liberalen Stimmen würden der CDU die "Gestaltungsmehrheit" in zentralen Fragen sichern - so wie zuletzt in der Stadtwerke-Kontroverse, als die CDU im Gegenzug beim Wirtschaftswegekonzept eingelenkt hatte.

Die Genossen frohlocken über ihre Auferstehung aus dem Tal der Tränen und wollen "jeweils in der Sache mit guten Argumenten um Mehrheiten" kämpfen, so Jörg Adams, der Chef der erstarkten SPD-Fraktion bleiben möchte. Auch die USD will sich nicht auf einen Deal mit einer anderen Fraktion einlassen. "Wir sind eine freie Wählergemeinschaft und wollen es bleiben", bekräftigte USD-Seriensieger Helmut Wisniewski (66), der in seinem Wahlbezirk mit 48,8 Prozent die absolute Mehrheit nur ganz knapp verfehlt hat.

Die USD, mit zehn Prozent neue dritte Kraft im Rat, erhebt den Anspruch auf einen Vize-Bürgermeister-Posten, den Elke Neuenhoff von der FDP wohl räumen muss. Obwohl sich die Kräfteverhältnisse im direkten Vize-Bürgermeister-Duell zugunsten von Bernd Störmer (SPD) verändert haben, möchte auch CDU-Vize-Bürgermeisterin Anneliese Große-Holtforth dieses Amt weiter ausüben.

Die spannendste, weil absolut offenen Personalie hat die CDU zu entscheiden - die um die Nachfolge des ausgeschiedenen Fraktionschefs Wolfgang Hüsken. Als Favorit gilt Dr. Dieter Wigger aus Dingden, zuletzt Sprecher der CDU im Planungsausschuss - er ist allerdings nicht unumstritten in der Partei. Gehandelt wird auch Dieter Genterzewsky, der sich wiederum in der Schuldebatte innerhalb der CDU nicht nur Freunde gemacht hat. Parteichef Neß, ein ausgewiesen strategischer Kopf, hält es nicht für völlig ausgeschlossen, dass ein Neuling den Führungsjob übernimmt.

(RP)
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