Wesel Büdericher Strom für Wesel

Wesel · Energiewende vor Ort: Atom-Debatte lenkt Blick auf regionale Energieversorgung. Windräder sollen direkt Strom in Kreisstadt liefern, Schnittgut von ASG ein Berufskolleg-Heizkraftwerk befeuern. Die Innovations-Chance ist hoch.

Die Fukushima-Katastrophe befeuert die deutsche Energiedebatte, viele wollen nur noch raus aus der Atomkraft. Ein Turbo-Ausstieg ist gigantisch teuer — auch für den Verbraucher. Die Energiewende in der öffentlichen Denke ist schneller als in realen Umsetzungsstrategien.

Doch es geht viel. Beispiel Wesel: Vor Ort beginnt sich die konventionelle Energiepolitik zügig zu wandeln, sie wird nach Lage der Dinge für Innovationen politischen Schub aus dem Rat erfahren. Stichworte: mehr regenerative Energie, lokale Produktion und Versorgung, regionale Zusammenarbeit.

So wollen sich die Stadtwerke an den umstrittenen Büdericher Windrädern beteiligen, sauberer Strom aus dem Polderdorf könnte dann direkt in Weseler Haushalte fließen. "Ja, wir sind in konkreten Verhandlungen", bestätigt Stadtwerke-Chef Franz Michelbrink. Die Grünen haben ihn soeben öffentlich aufgefordert, genau dies voranzutreiben. Was draus wird, ist unklar. Zum einen soll es eine Verbandsklage gegen die Windmühlen geben, zum anderen könnten Einschränkungen wegen Gänseschutz die Wirtschaftlichkeit behindern.

Energie-Kreislauf im Kreis Wesel

Weiteres Projekt der regionalen Energiewende: Die Stadtwerke stellen dem Kreis-Bauausschuss nächsten Dienstag ihr Konzept von einer holzbefeuerten Heizungsanlage im Berufskolleg in der Feldmark vor. Ziel: ein Auftrag für ein Biomasseheizwerk und Blockheizkraftwerk (BHWK), die so viel Wärme und Strom produzieren, dass 80 Wohneinheiten im künftigen Viertel Hessenweg mitversorgt werden können.

Das wäre der strategische Einstieg in die Nahwärmeversorgung, denn die Energiewende vor Ort braucht Plan und Zeit. Hintergrund des Auftritts im Ausschuss ist der Beschluss, den CO2-Ausstoß der Kreis-Immobilien bis 2012 um 24 Prozent zu verringern. Weseler Kreistagspolitiker haben dafür gekämpft, dass die Stadtwerke ins Contracting-Projekt einsteigen können. Der Auftrag steht noch aus.

Der vorgesehene regionale Stoffkreislauf ist ein Musterbeispiel für kluge Nutzung regenerativer Energie. Weseler Grünschnitt ist nach dieser Philosophie für Kompost viel zu schade. Er muss wegen des bestehenden Abgabezwangs zur Müllverbrennung Asdonkshof (Kamp-Lintfort) gekarrt werden.

Dort will die KWA (Kreis Weseler Abfallgesellschaft) künftig das Naturmaterial in braune Pellets umwandeln. Die wiederum wären Brennstoff fürs BHKW am Berufskolleg. Um Spitzen abzudecken, kann Gas nachgefeuert werden — zum Beispiel Biogas, das die Stadtwerke selbst produzieren könnten.

Wärme und Strom im Prozess der Kraft-Wärme-Kopplung beheizen und versorgen dann die Feldmarker Schule. Sowohl Atom- als auch Kohlestrom spielen so vor Ort keine Rolle mehr; regional oder lokale Firmen hätten in Zusammenarbeit die Hand drauf, dass eine saubere regenerative Lösung entsteht. Passend in Zeiten der Atom-Debatte.

(RP)
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