Wesel Brücke: das unbekannte Wesen

Wesel · Nach der Sperrung der Rheinbrücke vom Sonntag erklären Experten die Abläufe: Schwingung der Seile bei Südwind vollkommen normal: Gefahr herrschte zu keinem Zeitpunkt, dennoch haben alle richtig reagiert.

Ist die neue Rheinbrücke störanfällig? Diese Frage drängte sich auf, nachdem sie am Sonntagmorgen zwei Stunden gesperrt blieb. Wie berichtet, schwangen Tragseile geräuschvoll. Erst als der bereits pensionierte Brückenbauer Hans Löckmann ausfindig gemacht war und Unbedenklichkeit bescheinigte, konnte der Verkehr wieder fließen.

Ob da etwa zu viel Wind gemacht wurde, lässt sich so einfach nicht beantworten. Ingenieur Helmut Reinsch, Brückenbaufachmann des Landesbetriebs Straßen NRW, sagte gestern, dass viele das neue Bauwerk erst noch kennenlernen müssten. Gefahr habe zu keinem Zeitpunkt geherrscht. Und doch hätten alle richtig gehandelt.

Reinsch bezeichnete es als völlig logisch, dass die Polizei nach den Hinweisen besorgter Autofahrer die Sache in Augenschein nahm und sich mit Ordnungsamt und Landesbetrieb abstimmte. Auch sei es richtig gewesen, den nächst greifbaren Experten zum Ort des Geschehens zu bitten.

"Übliches Phänomen"

Der Vorgang selbst, so Reinsch weiter, sei ein "übliches Phänomen": Bei Südwind ab Stärke drei bis fünf geraten die Seile — nur die und nicht die Brücke selbst — in Schwingungen. Das wisse man aus Tests im Windkanal und sei okay. "So ein Seil muss Flexibilität haben. Denn wenn es starr wäre, könnte es brechen", sagte Reinsch. Unsichtbar für Passanten seien Dämpfer eingebaut, damit Schwingungen eben nicht bis in die Verankerungen gehen. "Wenn man unsicher ist und die Dinge nicht kennt, macht man die Brücke besser zu und holt einen Experten von uns", sagte Reinsch. "Deshalb ist Sonntag alles richtig gut gelaufen."

Für die Geräusche hätten übrigens die innen liegenden Litzenbündel aus Stahl gesorgt, die gegen die Hüllrohre schlugen. Sturm mache der Weseler Brücke nichts aus, könne allenfalls in Emmerich leeren Lkw Probleme bereiten, die Spur zu halten. In Wesel gebe es kaum einen Unterschied zwischen der neuen und der alten Brücke, habe diese doch die gleiche Lage. Erst im Dezember hatte die Witterung für eine Sperrung gesorgt, weil Eis von Halteseilen auf die Fahrbahn stürzte. Bekanntlich half die clevere Idee, die Seile per Polizeihubschrauber frei pusten zu lassen.

Bei welchen Ereignissen es wieder zu Sperrungen kommen könnte, ließ Polizeisprecherin Sabine Vetter gestern offen. "Das kommt immer neu auf die Situation an. Da kann man nicht die eine mit der anderen vergleichen", sagte Vetter. "Wir stufen eine mögliche Gefahr ein und werden tätig. Als technische Laien wenden wird uns dann an die Fachleute."

(RP)
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