Wesel Bauverein errichtet WG für Senioren
Wesel · Im innerstädtischen Zitadellenviertel entsteht ein Pilotprojekt: Ein Oberhausener Unternehmen wird im Sommer als Mieter des Weseler Bauvereins eine Wohngruppe für ältere Menschen mit Pflegegrad ins Leben rufen.
Das wird Senioren mit Pflegegrad sowie deren Angehörige interessierten: Die Weseler Bauverein AG schafft an der Leipziger Straße im Zitadellenviertel gerade die baulichen Voraussetzung für den Start eines ungewöhnlichen Pilotprojektes. Als Partner der Oberhausener Firma Senioredenz lässt der Bauverein derzeit ein Acht-Familienhaus sanieren und erweitert dieses um einen Anbau in Holzrahmenbauweise. Die Investitionskosten liegen bei gut 1,1 Millionen Euro. Bereits im August dieses Jahres sollen die ersten Mieter "mit eingeschränkter Alltagskompetenz in die Wohngruppe aufgenommen werden", sagt Bauvereins-Vorstand Anett Leuchtmann. Zweifelsohne ist diese Form des betreuten Wohnens eine Alternative zum Leben in einem Alten- und Pflegeheim.
Zusammen mit Jürgen Brinkhoff, ihrem kaufmännischen Prokuristen, gab Leuchtmann gestern einen Überblick über die laufenden und geplanten Projekte der AG und zog eine rundum positive Bilanz des abgelaufenen Jahres. Wobei sie auf Nachfrage deutlich machte, dass 2016 wegen der juristischen Auseinandersetzungen mit einigen "kritischen Aktionären", die bekanntlich die Hauptversammlung im Tannenhäuschen aufgemischt und für eine kostspielige Wiederholung im Welcome-Hotel gesorgt hatten (unsere Redaktion berichtete), nachhaltig in Erinnerung bleiben wird.
Auch wenn Leuchtmann den Termin der diesjährigen Hauptversammlung gestern noch nicht nennen wollte ("Bitte haben Sie Verständnis"), so wird sich der Bauverein erneut auf eine unangenehme Marathon-Veranstaltung einstellen. "Wir werden uns zu 1000 Prozent fachlich darauf vorbereiten. Und dazu gehört auch eine juristische Begleitung." Abgesehen von den Problemen mit den "kritischen Aktionären" (siehe Infobox) war 2016 tatsächlich ein Vorzeigejahr für den Bauverein, der 32 Mitarbeiter (minus drei) beschäftigt. Die Einnahmen aus der Vermietung der mehr als 2300 Wohnungen, der 28 Gewerbeimmobilien und der 320 Garagen und Stellplätze stieg im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent auf 13,82 Millionen Euro. Das Betriebsergebnis stieg durch den Verkauf mehrerer Immobilien am Quadenweg in Schepersfeld überproportional auf 745.000 Euro (plus 53,6 Prozent). Das hat zur Folge, dass etwa 359.000 Euro Rücklagen gebildet und 360.000 Euro als Bilanzgewinn ausgewiesen werden. Die rund 150 Inhaber der 56.000 Stückaktien (zehn Prozent hält der Bauverein selbst, 70 Prozent gehören der Stadt und ihren Stiftungen) können mit einer Dividende in Höhe von vier Prozent rechnen.
Stolz sind Leuchtmann und Brinkhoff auch auf die geringe Leerstandsquote (1,6 Prozent) und die Fluktuationsquote (10,7 Prozent) sowie die Tatsache, dass die Hälfte der Einnahmen sofort wieder in die Sanierung der Wohnungen gesteckt wird, die vor allem in der Innenstadt liegen. Genau dorthin zieht es immer mehr Senioren, Singles und junge Leute, heißt es beim Bauverein. Wobei gerade kleine Wohnungen unter 60 Quadratmetern absolute Mangelware sind. Genau auch in diesem Segment wird das Angebot in nächster Zeit erweitert. Denn bekanntlich soll ja das Ex-Kreiswehrersatzamt an der Kreuzstraße einem schmucken Neubau weichen, den insgesamt drei Investoren gemeinsam stemmen wollen. Einer davon ist der Bauverein, der 30 barrierefreie Mietwohnungen mit Balkon und Tiefgaragen-Stellplätzen plant. Ähnlich viele Wohnungen möchte auch die Wohnungsbaugenossenschaft Wesel errichten. Außerdem ist auf dem Eckgrundstück Kreuzstraße/Esplanade der Neubau der Radiologie des Marien-Hospitals vorgesehen.
Der Bauverein allein will sieben Millionen Euro investieren. Wegen des Verdachts, dass in dem leerstehenden Gebäude Mauersegler brüten und Fledermäuse leben, kann, wie berichtet, der Abriss frühestens im Herbst erfolgen. Läuft dann alles nach Plan, könnten die ersten Mieter Ende 2019 einziehen.
Günstig werden diese Neubauwohnungen allerdings nicht gerade sein. Denn Anett Leuchtmann geht davon aus, dass man mit 8,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter rechnen müsse. Gleichwohl haben sie und Brinkhoff keine Zweifel, "dass die Nachfrage groß sein wird, auch von Krankenhaus- und Verwaltungsmitarbeitern, und die Wohnungen schnell vergriffen sein werden". Von der Idee, ein Grundstück an der Fusternberger Straße zu bebauen, hat der Bauverein mittlerweile Abstand genommen. "Wir warten noch auf eine Entscheidung der Stadt, wollen es aber nicht selbst entwickeln", so Leuchtmann. Heißt im Klartext: "Wir würden unser Gelände dann auch verkaufen."