350 Stellen fallen weg Automobilzulieferer Borgers schließt Dingdener Werk

Dingden · Die internationale agierende Borgers Group ist Verlierer der Krise auf dem Automobilmarkt. 350 Stellen sollen in Dingden wegfallen. Darüber informierte die Geschäftsführung jetzt die Mitarbeiter. Neue Standorte in Osteuropa machen Probleme.

 Luftbild vom Werk in Dingden. Hier werden Lkw-Teile produziert. Im ersten Quartal 2020 soll die Produktion hier eingestellt werden, teilte das Unternehmen mit. Details sollen jetzt mit Banken, Mitarbeitern und Kunden verhandelt werden.

Luftbild vom Werk in Dingden. Hier werden Lkw-Teile produziert. Im ersten Quartal 2020 soll die Produktion hier eingestellt werden, teilte das Unternehmen mit. Details sollen jetzt mit Banken, Mitarbeitern und Kunden verhandelt werden.

Foto: Borgers

Weltweit schwächelte im Jahr 2018 die Branche der Automobilzulieferer. Vom Negativtrend bleibt auch das Bocholter Familienunternehmen Borgers Group mit seinem weltweit zuletzt 7600 Mitarbeitern nicht verschont. Wie das Unternehmen den Mitarbeitern  mitteilte, soll das Hamminkelner Werk in Dingden geschlossen werden. Nur noch bis zur ersten Hälfte 2020 soll die Fertigung in Dingden nach Informationen unserer Redaktion weiterlaufen. Dann soll Schluss sein. Borgers ist einer der größten Arbeitgeber in Hamminkeln. „Das Werk Dingden für Nutzfahrzeuge ist aufgrund von Auslastungsproblemen und hohen Fixkosten defizitär“, teilte das Unternehmen in einem offiziellen Schreiben mit. Das Hauptwerk am Stammsitz des Traditionsunternehmens in Bocholt bleibe allerdings bestehen.

Margen und Ergebnisse seien zuletzt stark rückläufig gewesen, teilte die Borgers Gruppe mit. Gründe seien der allgemein starke Preisdruck in der Zulieferbranche und technische Anlaufprobleme im neuen Werk in Polen sowie, wegen Arbeitskräftemangel, stetig steigende Lohnkosten an den Standorten in Tschechien. Diese Entwicklungen hätten 2018 zu einem deutlich negativen Konzernergebnis in 2018 geführt. Das Paradoxon: Weil Tschechien Arbeitskräfte fehlen, wird in Dingden ein Werk geschlossen. Unternehmenssprecher Joachim Urra verweist darauf, dass alle nicht profitablen Standorte geschlossen würden, zuletzt bereits das Werk in Alabama. Die beiden Werke in Bocholt (400 Mitarbeiter) und Dingden (350 Mitarbeiter) gelten als ein gemeinsamer Betrieb. Dies bedeutet: Die Bocholter Mitarbeiter werden ebenfalls zum Teil gehen müssen. In Dingden werden Lkw-Bauteile für Dämpfung und Isolation gefertigt sowie weitere Ausstattung für den Fahrgastraum, das Wohnzimmer des Truckers.

Das Unternehmen selbst wollte sich zu konkreten Plänen nicht äußern. In der Mitteilung hieß es, dass die Gruppe ein Programm erarbeitet habe, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und den Ertrag zu steigern. Dieses Programm werde nun mit den Arbeitnehmervertretern, Banken und Kunden verhandelt. Man stehe mit allen Gruppen in einem „engen und konstruktiven Dialog“, teilte Unternehmenssprecher Joachim Urra mit. Es werde Einsparungen in vielen Bereichen geben. Aufgestockt werde allerdings das Management: „Vor dem Hintergrund der anstehenden Aufgaben und der gewachsenen Unternehmensgröße wird das Top-Management der Gruppe um zwei Personen erweitert. Mit Ralf Schmitz, Partner der Unternehmensberatung Schmitz & Partner, und Dominik Müser in der Nachfolge von CFO Dr. Stephan Funke stehen CEO Werner Borgers nun zwei ausgewiesene Experten für Umbruchsituationen in Unternehmen zur Seite“, heißt es in der Mitteilung. Der Großteil des Maßnahmenpakets solle in diesem und im kommenden Jahr umgesetzt sein.

Für die Stadt Hamminkeln ist nicht nur der Verlust der Arbeitsplätze schmerzhaft: Borgers hat dort auch anteilig Gewerbesteuern gezahlt. Geschäftsführer Werner Borgers informierte am Montagnachmittag Bürgermeister Bernd Romanski (SPD). Offen ist noch die Frage, was aus dem Areal in Dingden wird. Romanski sagte zu, Kontakte zu vermitteln, wenn sich Interessenten für das Areal bei der Stadt Hamminkeln melden. Romanski bedauert die Schließung bei einem der größten Arbeitgeber seiner Kommune: „Es ist eine unternehmerische Entscheidung“, sagte der Bürgermeister.

Gegründet wurde die Borgers Group durch den damals 24-jährigen Johannes Borgers im Jahr 1866; er stattete Kutschen an der Osterstraße mit Polsterwatte aus. Durch den Kauf einer Dampfmaschine nahm die Großproduktion dort Fahrt auf. Durch stetiges Wachstum und zahlreiche internationale Standorte in den USA, China und Europa wurde der wirtschaftliche Erfolg gesichert. Nicht nur für Autos und Lkw wird Dämmmaterial produziert, auch in kleinerem Maße für Elektrogeräte („Weiße Ware“). Zwar traf die Finanzkrise 2008 auch die Borgers Group hart. Bis zu 50 Prozent Entlassungen war die Rede. Doch der Automobilteilhersteller berappelte sich wieder.

Doch schon 2017 hatte es erneut erste Anzeichen gegeben, dass es finanziell schlecht um das Unternehmen bestellt ist. Damals wurde bekannt, dass beim Automobilzulieferers 150 Arbeitsplätze in Bocholt und Dingden wegfallen sollen. Der Abbau solle bis Ende 2018 erfolgen, hieß es Mitte 2017. Die Produktion im Lkw-Segment werde ins polnische Zlotoryja (Schlesien, früher Goldberg) verlagert, hieß es damals. Die Konsequenzen sind jetzt bekannt.

(sep)
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