Hamminkeln/Wesel Automobil-Krise kostet Jobs

Hamminkeln/Wesel · Zulieferer Borgers hat gestern für Standorte Dingden und Bocholt noch vor Weihnachten Entlassungen angekündigt. Pilkington Automotive in Wesel leidet unter Opel-Schwäche, gibt sich gelassen, ist aber alarmiert.

Die Krise der Weltwirtschaft ist unten angekommen. Die wichtigsten Autozulieferer der Region — Pilkington Automotive (früher Flachglas) in Wesel und Borgers AG mit Produktion in Dingden — sind höchst alarmiert. Pilkington, Veredeler unter anderem von Opel-Scheiben, demonstriert Gelassenheit, beobachtet den Markt genau.

Klar ist hingegen bei Borgers, dass die Krise in der Region Jobs kosten wird. Gestern kündigte Geschäftsführer Werner Borgers im RP-Gespräch Entlassungen an. Noch vor Weihnachten sollen Mitarbeiter des Stammwerkes, zu dem auch der Standort Dingden mit gut 400 Beschäftigten zählt, ihre Kündigung erhalten.

"Rasante Talfahrt"

"Die Lage in der Automobilindustrie ist dramatisch", sagte Borgers, "und die schlägt 1:1 auf uns durch." Mercedes, das seine Produktion um 20 Prozent gedrosselt hat, zählt zu den größten Kunden des traditionsreichen Familienunternehmens, das sich auf die Veredelung textiler Rohstoffe spezialisiert hat.

Allein der Standort Dingden, wo der Dachhimmel für die Kabine des Mercedes Sprinter hergestellt wird, habe im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2008 zuletzt ein Minus von 40 Prozent zu verkraften, sagte Borgers. Der Auftrag für das Cockpit des neuen Volvo-Lkw lindere die Lage zwar ein wenig. "Doch die Anläufe für neue Produkte können die Einbrüche bei allen Autoherstellern bei weitem nicht kompensieren", so der Chef des weltweit agierenden Unternehmens.

Zu Entlassungen gebe es keine Alternative, so Borgers weiter, "nachdem wir sämtliche weiche Maßnahmen wie Abbau von Urlaub und Überstunden ergriffen haben". Das Unternehmen sei gezwungen, "mit drastischen Schnitten auf die sich täglich verschärfende Krise zu reagieren, um nicht in einen gefährlichen Abwärtsstrudel zu geraten". Nächster Schritt sei Kurzarbeit, dann ist der Weg zu betriebsbedingten Kündigungen nicht weit.

In welchem Umfang Personal abgebaut werden soll, sei noch nicht zu beziffern. "Uns erreichen ständig neue Hiobsbotschaften", so Borgers. "Es wäre leichtfertig, Zahlen zu nennen." Wie rasant die Talfahrt verläuft, machen Äußerungen von Borgers-Betriebsratchef Hans-Joachim Heister deutlich. Er ging noch am Morgen davon aus, dass die 1200 Beschäftigten durch den Abbau von Arbeitsüberhängen "die Kurve aus der Krise kriegen". Heister sprach von "großer Verunsicherung und Sorge" in der Belegschaft .

Mehr nicht: "Was ich jetzt sage, kann morgen schon nicht mehr gelten." Damit sollte er, mehr als ihm lieb sein kann, Recht behalten. Denn die Hoffnung, durch eine Drosselung der Produktion weitgehend ungeschoren davon zu kommen, sollte sich schon am Mittag überholt haben. Für ihn und seine Kollegen dürfte es zunächst nur ein schwacher Trost sein, dass Werner Borgers trotz alledem zuversichtlich ist, "gestärkt aus der Krise hervorzugehen".

(RP)
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