Wesel Auryn-Quartett - Eine Begegnung mit Kunst

Wesel · Im Bühnenhaus musizierte jetzt das weltberühmte Auryn-Quartett aus Detmold. So lebendig und lebensfroh, so schlackenfrei und respektvoll jedem kompositorischen Werk und dem Geist seines Urhebers verpflichtet, so auf der Harmonie des Ensembles sowie auf der nachschöpferischen Begabung jedes einzelnen Instrumentalisten vertrauend, das haben die Weseler Konzertbesucher lange nicht erlebt. Ähnliches war zu bewundern bei der Kammermusik eines Streicherensembles der Berliner Philharmoniker vor Jahrzehnten beim Auftritt des Beaux Art Quartetts aus New York.

Christoph Oehmen, Cello-Lehrer an Wesels Musikschule, hat die vier Detmolder Hochschulprofessoren noch als junge Musiker erlebt. "Da zeichnete sich deren Weg schon ab", sagte er. Detmold, auch Dortmund, wo einer der Streicher zeitweise lehrt, sind positiv bodenständige westfälische Kultur-Standorte, oberflächlichem Schnick-Schnack abhold, deswegen auch regelmäßig nach Montepulciano eingeladen.

Nun in Wesel: kein übliches Weihnachts-Festkonzert, sondern Musik, die vom Leben der Menschen, den Höhen und Tiefen und vom unbegreiflichen Tod erzählten. So gut, dass es verstanden wurde. Es blieb nämlich die Essenz in der Schwebe. Kurz: eine Begegnung mit Kunst.

Eine einprägsame Einführung gab Cellist Andreas Arndt: "Sie hören drei letzte Stücke. Mendelssohn schrieb sein Quartett als Antwort auf den Tod seiner Schwester, er selbst starb auch einige Monate später. Fauré, der nie Quartette komponieren wollte, schuf dann doch sein Werk e-Moll, op. 121, zwei Wochen später starb er. Dvorak legte all seine Freude über seinen Erfolg und sein neues Weltbild in sein As-Dur-Quartett, op. 105, darin auch das Glück über die Heimkehr nach Böhmen aufklingt. Sein letztes Streichquartett, 1895 beendet, aber nicht sein letztes Werk.

Dann betraten die Akteure völlig unprätentiös die Bühne: der erste Geiger Matthias Lingenfelder, der zweite Geiger Jens Oppermann, Bratschist Stewart Eaton und Arndt. Und sie spielten mit der ungebrochenen Kraft geistiger Durchdringung eines Werkes von Grund auf mit offenbar herausragender intellektueller Ausstattung und schlichter Natürlichkeit. Nicht das Perfekte, denn solches ist tot, ohne Zukunft; die Sprache der Klänge von Mensch zu Mensch erfüllte den Raum und die Hörer. Technik ist nur Dienerin. Mendelssohns Streichquartett Nr. 6 gibt im Finale einen Ausblick ins unergründliche Leben des Alls. Faurés Fazit, weitgehend auf dem Cello gezupft, unterschlägt nicht einige dissonante Töne des Lebens. Dvoraks Stück schließlich ist von dankbarer Heiterkeit erhellt.

Schier endloser Applaus und Strawinskys "Tango" als Dank.

(hb-)
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