Rp-Serie Die Ausbildungsinitiative Kreis Wesel - Präsentiert Von Altana (folge 5) Auch Spätentwickler haben Chancen

Wesel · Eine holprige Schulkarriere muss kein Hindernis sein. Besonders im Handwerk ist blanke Lust aufs Tun mitentscheidend.

 Drew Heikamp (links) macht gerade an der VHS seinen Hauptschulabschluss nach und startet am 1. August beim stellvertretenden Kreishandwerksmeister Norbert Borgmann in Wesel in die Ausbildung

Drew Heikamp (links) macht gerade an der VHS seinen Hauptschulabschluss nach und startet am 1. August beim stellvertretenden Kreishandwerksmeister Norbert Borgmann in Wesel in die Ausbildung

Foto: Fritz Schubert

Kreis Wesel Für viele Heranwachsende kommt eine Zeit, in der alles Mögliche interessant ist. Außer Schule. Die Phase kann flott enden, aber auch eine verhängnisvolle Entwicklung einleiten. Drew Heikamp (20) hat die Kurve gekriegt und freut sich auf den 1. August. Da wird er offiziell die Lehre bei Norbert Borgmann in Wesel beginnen, dessen Arbeitsdress er jetzt schon trägt. Ein Start ins Berufsleben, von dem vor wenigen Jahren nicht mal zu träumen war. Denn da ist der in Dinslaken geborene junge Mann "öfter an der Schule vorbeigelaufen", wie er heute selbst sagt. Umgang mit den falschen Freunden führte dazu, dass Heikamp 2014 die Gesamtschule Voerde ohne Abschluss verließ. Die Aussichten waren entsprechend trübe, doch es gab eine entscheidende Wende. Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen (BvB) beim CJD (Christliches Jugenddorfwerk Deutschlands) gehörten dazu. Hier lernte Drew Heikamp in der Sparte Metall Grundkenntnisse am Schraubstock. Das Kind getrennter Eltern kam vor zwei Jahren zum Vater nach Wesel, der mehr Zug hineinbrachte.

 Marvin Bittcher aus Rees-Mehr, 21 Jahre, Auszubildender Chemikant

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Foto: NB

Den Versuch einer Lehre hat Heikamp auch schon gemacht. In einem Kfz-Betrieb, wo er nicht nur mit den Leuten nicht klarkam. Es wurde auch schnell langweilig, weil immer nur das Gleiche, wenig Anspruchsvolle zu tun war. Reifen wechseln, auswuchten, Luftfilter austauschen. Das war's.

"Ich wollte auf jeden Fall ins Handwerk. Ich brauche was in der Hand, ein Schreibtisch ist nicht so mein Ding", sagt Heikamp, der sich daran machte, den Schulabschluss nachzuholen. Das passiert im Augenblick an der Volkshochschule. Sein beachtlicher Notendurchschnitt liegt bei 1,9. Von 28 in den Kursus gestarteten Schülern sind derzeit noch sechs am Ball.

Und weil er nach der Schule nachmittags jede Menge Zeit hat, machte sich Heikamp auf die Suche nach einem Nebenjob. An dieser Stelle kommt der stellvertretende Kreishandwerksmeister Norbert Borgmann (Heizung, Sanitär, Klima) ins Spiel, der bei Ebay-Kleinanzeigen einen Hausmeister für seinen Weseler Betrieb suchte. Einen Feger, um genau zu sein. Das war Ende Januar. Drew Heikamp meldete sich mit dem Hinweis, dass er "gerne nach der Schule sowas machen" möchte. Es wurde ein Termin gemacht, und Mitte Februar war schon alles geklärt für den künftigen Feger. "Er hat die Stelle aber nie angetreten", sagt Borgmann verschmitzt. Denn nachdem Heikamp seine ganze Geschichte erzählt hatte und von dem Ziel berichtete, 2019 die Mittlere Reife zu erlangen, hatte der Meister eine bessere Idee und schickte den jungen Mann mit auf Baustellen.

"Die Mittlere Reife braucht er nicht", erklärt Borgmann. "Dafür ist er schon zu alt und verliert noch mehr Zeit. Wenn er jetzt mit Schulabschluss richtig Lust auf eine Berufsausbildung hat, dann hat er mit der Gesellenprüfung auch die Hochschulreife in der Tasche. Sonst verliert er noch ein Jahr, was leicht 25.000 bis 30.000 Euro ausmachen kann. Wichtig ist, dass er Spaß hat und sich das nötige theoretische Wissen aneignet." Das traut Borgmann dem künftigen Lehrling zu. "Es gibt nicht viele Dumme in Deutschland, nur Uninteressierte."

In dem 25 Mitarbeiter zählenden HSK-Betrieb fühlt Drew Heikamp sich wohl, wirkt neben der Schule 50 Stunden im Monat als Helfer/Praktikant mit. "Er weiß, was eine Rohrzange ist, und hat sich auf den Beruf eingeschossen", sagt Borgmann. Respekt zollt er Heikamp, weil er jetzt alles allein in die Hand genommen habe. Die vielseitige Lehre ist sozusagen mit einer Weiterbeschäftigungsgarantie verbunden, denn Borgmann bildet für den eigenen Betrieb aus. Und der Chef spricht vom Glücksgefühl, wenn einem Kunden mit defekter Heizung schnell geholfen werden kann. Sofort, ohne vielleicht tagelange, internet- oder hotlinegestützte Fehlersuche im Verborgenen, wie es in anderen Branchen üblich sei. Drew Heikamp freut sich darauf.

(fws)
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