Wesel Anwohner gegen Umbenennung

Wesel · Heute entscheidet der Rat, ob die Hindenburgstraße (B 8) in Willy-Brandt-Straße umbenannt werden soll. Firmen in Lippedorf und Oberemmelsum beklagen, dass eine Umbenennung für sie teuer wird.

 "Umbenennung kostet uns Tausende", beklagt Gastronom Ullrich Langhoff.

"Umbenennung kostet uns Tausende", beklagt Gastronom Ullrich Langhoff.

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

Wenn heute in der Ratssitzung (ab 16.30 Uhr) nicht noch ein kleines Wunder geschieht, hat das unter anderem für die traditionsreiche Firma van Rheinberg (Malerbetrieb, Glaserei) in Oberemmelsum gravierende Folgen. Denn sollte sich die SPD — im Schulterschluss mit Grünen und Linken — bei der Abstimmung um die seit Wochen heiß diskutierte Umbenennung der Hindenburgstraße in Willy-Brandt-Straße gegen CDU und FDP durchsetzen, müsste van Rheinberg im laufenden Geschäftsjahr mit unvorhergesehenen Ausgaben in Höhe von mehreren Tausend Euro rechnen. "Wir müssten unsere zehn Firmenfahrzeuge und alle Schilder umbeschriften lassen. Alle Stempel müssten erneuert, der Internetauftritt verändert werden. Und die Kunden und Lieferanten, die uns per Navi suchen, werden uns zunächst nicht mehr finden", sagt Juniorchef Michael van Rheinberg (38). So wie er sind diesseits und jenseits der Kanals die Anlieger der Hindenburgstraße mächtig sauer, dass sie von der Politik in Wesel beziehungsweise Voerde nicht nach ihrer Meinung gefragt wurden.

 "Hat Wesel keine anderen Probleme?", fragt sich Schreiner Gerret Neubürger.

"Hat Wesel keine anderen Probleme?", fragt sich Schreiner Gerret Neubürger.

Foto: Malz, Ekkehart (ema)

"Ich sehe in der Umbenennung absolut keinen Sinn. Hat Wesel denn keine anderen Probleme?", fragt sich auch der Hünxer Tischlermeister Gerret Neubürger, der von der Namensänderung ebenfalls betroffen wäre. Denn er hat die Schreinerei gegenüber von van Rheinberg gepachtet. "Konsequenterweise müsste dann auch der Sylter Hindenburgdamm umbenannt werden. Das ist doch alles Firlefanz." Eine Meinung, die er mit seiner Vermieterin teilt. "Wir alle, die wir hier wohnen, sind gegen die Umbenennung — auf Weseler und auch auf Friedrichsfelder Seite", sagt sie. Das jedenfalls sei kürzlich das Stimmungsbild während einer Info-Veranstaltung gewesen. Dass der Weseler Rat heute eine Entscheidung fällen will, lässt sie kalt. "Wenn mit Hilfe einer Unterschriftenaktion in Voerde am Ende doch noch ein Bürgerentscheid kommt, dann wird Wesel auf das Ergebnis warten", ist die Seniorin überzeugt.

Apropos Bürgerentscheid. Die Weseler CDU hat gestern noch versucht zu recherchieren, welche Kosten mit einem Bürgerentscheid verbunden wären. "Wenn der Aufwand vertretbar wäre, würden wir für dieses Element direkter Demokratie plädieren. Ansonsten werden wir im Rat gegen die Straßen-Umbenennung stimmen — auch wenn wir dann zusammen mit den Liberalen unterliegen sollten", kündigte CDU-Fraktionschef Jürgen Linz an.

Er beklagt in diesem Zusammenhang, dass man in einem Brief an die Verwaltung den Vorschlag einer Bürgerumfrage gemacht habe. "Doch außer einem Hinweis, dass der Antrag eingegangen sei, haben wir von der Bürgermeisterin nichts gehört", so Linz.

Dass keiner der Hindenburgstraßen-Anlieger, zu denen auch Gastronom Ullrich Langhoff vom Lippeschlösschen gehört ("Unser Briefpapier, alle unsere Flyer kann ich dann wegschmeißen — das kostet Tausende"), zum Thema gehört wurde, hält Ludger Hovest (SPD) für legitim. "Straßennamen werden immer durch den Rat vergeben. Dass der Name Hindenburgs durch einen Straßennamen besonders herausgestellt wird, lässt ich mit unserer weltoffenen, liberalen und sozialen Vorstellung nicht vereinbaren", betont der Fraktionschef der SPD im Gespräch mit der RP.

Das von den Betroffenen ins Feld geführte Kostenargument ist für ihn keins. "Wer an einer Bundesstraße wohnt, muss zwar mit dem Lärm und viel Verkehr zurechtkommen, hat aber auch den Vorteil, dass er keine Straßenbau-Beiträge zahlen muss wie Anlieger anderer Straßen. Das ist schon ein großer Geldvorteil." Und denjenigen, deren Visitenkarten womöglich neu gedruckt werden müssen, gibt er den Tipp, diese im Internet zu bestellen: "Die gibt es da kostenlos."

(RP)
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