Wesel Anrufsammeltaxi startet im Sommer 2018

Wesel · Weil in Wesel nach 20 Uhr viele Niag-Busse leer bleiben, wird der Kreis das Angebot stark kürzen. Damit aber vor allem ältere Menschen abends noch mobil sein können, wird in der Kreisstadt das Anrufsammeltaxi eingeführt.

Ein Anrufsammeltaxi soll in Wesel bald Ersatz für wegfallende Buslinien sein. Die Politik zeigte sich mit diesem Vorschlag im jüngsten Stadtentwicklungsausschuss mehrheitlich einverstanden. Damit könnte der lange Streit um die Kürzungen im Nahverkehr mit dem neuen Nahverkehrsplan doch noch zu einem friedlichen Ende führen.

Hintergrund: In fast allen Linien-Bussen, die in Wesel unterwegs sind, herrscht abends nach 20 Uhr gähnende Leere. Die fehlende Nachfrage hat jetzt Folgen: Der Kreistag hat den neuen Nahverkehrsplan verabschiedet und unter anderem für Wesel festgelegt, dass in der zweiten Jahreshälfte 2018 abends und an Wochenenden einige Linienbusse gar nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt unterwegs sein werden. Diese Entscheidung hat den Unmut der Weseler Politik erregt, so dass ein interfraktioneller Arbeitskreis nach Wegen gesucht hat, Alternativen aufzuzeigen. Und tatsächlich hat dieser mit Vertretern der Fraktionen, der Verwaltung und der Niag besetzte Arbeitskreis eine Lösung gefunden, die jetzt der Politik im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt wurde.

Die Lösung besteht aus zwei Teilen: Zum einen wird das Angebot der Linie 85 erweitert (Flüren bis Wittenberg). "Das sind genau die Bereiche, die abends am meisten frequentiert werden", sagt Michael Blaess vom Team Bauleit- und Verkehrsplanung, der Mitglied der Arbeitsgruppe war. Die Busse der Linie 85 werden künftig montags bis donnerstags sowie sonntags bis 21.30 Uhr und freitags und samstags bis 23.30 Uhr unterwegs sein. Wer allerdings abends noch nach Bislich oder Blumenkamp fahren möchte, der muss ab Sommer 2018 ein Anrufsammeltaxi (AST) bestellen. "30 Minuten vor Fahrtbeginn muss der Interessent eine Servicenummer anrufen, seine Haltestelle und den Zielort nennen und zum vereinbarten Zeitpunkt an der Haltestelle stehen", erklärte Niag-Verkehrsplanungsleiter Günter Schlüter unserer Redaktion auf Anfrage. Ein Taxi mit maximal acht Sitzplätzen und dem Schild "Anrufsammeltaxi" würde den Fahrgast aufnehmen und auf Wunsch bis vor die Haustüre bringen. "Vor allem für ältere Menschen ist das in der dunklen Jahreszeit ein großer Vorteil", zeigt sich Schlüter überzeugt. Dass die Fahrten mit dem Anrufsammeltaxi zusätzlich etwas kosten - die Rede ist von 2,90 Euro, ermäßigt 2,20 Euro -, hat im Ausschuss Kritik ausgelöst. So beklagte Ulrich Gorris (Grüne), dass es nun "für Menschen mit wenig Geld sehr teuer wird". Auch dass das Anrufsammeltaxi nur im 120-Minuten-Takt fahren soll, missfällt Goris: "Sehr unattraktiv". Ähnlich äußerte sich auch Ulrich Kuklinski (Linke), für den "die sozial Schwachen die Leittragenden" sind. Und Jürgen Lantermann (Wir für Wesel) nutzte die Gelegenheit, das Thema Busline zur Rheinpromenade und in die Aue anzusprechen: "Aus meiner Sicht wäre das eine Linie, die sehr stark von der Bevölkerung angenommen wird".

Lantermann und WfW-Fraktionschef Thomas Moll, Ulrich Gorris und Ulrich Kuklinski stimmten gegen das AST-Modell. Lob gab es hingegen für den im Arbeitskreis gefundenen Kompromiss von Karlheinz Hasibether (SPD; "Das ist eine Verbesserung"), Sebastian Hense (CDU; "Eine tolle Idee, die die Mobilitätsmöglichkeit erhält") und Friedrich Eifert (FDP; "Alle anderen Alternativen wie Stadt- oder Taxibus hätten die Stadt Geld gekostet").

Kai Pachan, der im Auftrag des Kreises den Nahverkehrsplan erstellt hat, widersprach der Auffassung einiger Ausschussmitglieder, dass der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) zur Daseinsvorsorge gehöre. "Es ist nicht die Aufgabe des ÖPNV, einzelne Personen zu befördern, sondern ein Angebot für die Masse zu machen." Man habe mit dem Kompromiss eine gute Lösung für Wesel gefunden.

(RP)
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